Teddy for ever

■ Kollek erneut zur Kandidatur als Bürgermeister Jerusalems überredet

Tel Aviv (taz) – Der beliebte 82jährige Teddy Kollek, „ewiger“ Bürgermeister der zur Hälfte annektierten israelischen Hauptstadt Jerusalem, wird bei den Kommunalwahlen im Herbst voraussichtlich erneut als Stadtoberhaupt kandidieren. Dem israelischen Ministerpräsidenten Rabin ist es letzte Woche gelungen, Kollek davon abzubringen, noch dieses Jahr in den Ruhestand zu treten.

Kollek gab seine nunmehr siebte Kandidatur auf einer Pressekonferenz bekannt, wo er auch seinen Stellvertreter vorstellte. Dieser müßte womöglich das Amt übernehmen, wenn Kollek aus Gesundheitsgründen zurücktreten müßte. Es handelt sich um den populären Generaldirektor des Zweiten Israelischen Fernsehens und früheren Militärsprecher, Reservegeneral Nachman Schai (47). Kolleks „Ein Jerusalem“-Liste wird von der Arbeitspartei unterstützt und soll einen Likud-Sieg verhindern, der „ein Unglück für Jerusalem“ wäre, meint Kollek. Er legte ein ärztliches Gutachten vor, demzufolge sein Befinden – auch nach einer Krebsoperation – gut genug ist, um eine weitere Amtsperiode auf sich zu nehmen. „Ich glaube jetzt in der Lage zu sein, so wie früher 12 bis 14 Stunden täglich zu schuften“, erklärte er.

Doch trotz Kolleks immenser Popularität ist es denkbar, daß seine Liste die Wahl verliert. Denn die Arbeitspartei hat bei den letzten israelischen Parlamentswahlen im Juni 92 zusammen mit Meretz nur etwa 30 Prozent der Stimmen in Jerusalem erhalten. Ein Machtwechsel in der Hauptstadt wäre für die Regierung Rabin äußerst unliebsam. Eine Koalition der Rechtsparteien mit den in Jerusalem starken religiösen und orthodox-religiösen Fraktionen im Stadtparlament könnte im gegenwärtigen Stadium des Friedensprozesses unangenehme Folgen haben. In der konfliktträchtigen multinationalen und multireligiösen Stadt, wo Kollek durch eine kunstvoll ausbalancierte Politik bislang relative Ruhe wahren konnte, wäre dann ein offener Ausbruch der bislang eher verdeckten Konflikte um die „Besiedlung“ des palästinensischen Ostjerusalems durch Israelis und den Zugang zu den islamischen und christlichen heiligen Stätten möglich. Für die Ostjerusalemer Palästinenser, die sich seit 1967 geschlossen weigern, durch Annahme der israelischen Staatsangehörigkeit Bürger der Besatzungsmacht zu werden, ist Teddy Kollek ein nicht unumstrittenes, aber unter den gegebenen Umständen notgedrungen akzeptiertes Stadtoberhaupt. – Ein politischer Umschwung wäre allerdings auch nach dessen Wiederwahl möglich. Falls er aus Gesundheitsgründen abdanken müßte, würde sein Stellvertreter Schai nicht automatisch Bürgermeister. Der Stadtrat, in dem die rechts-religöse Opposition bereits jetzt 16 von 31 Sitzen innehat, müßte den Stellverteter durch Wahl zum Nachfolger bestimmen. Amos Wollin

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