: Embargo-Bilanz in Ungarn
300 Millionen Dollar Verluste, aber auch neue Geschäfte ■ Von Keno Verseck
Budapest (taz) – Zwar ist auch Ungarn vom UNO-Embargo gegen Serbien/Montenegro wirtschaftlich betroffen, im Gegensatz zu Rumänien und Bulgarien halten sich die Verluste für die Magyaren jedoch in Grenzen. Das geht aus einem Bericht hervor, den das ungarische Ministerium für Internationale Wirtschaftsbeziehungen kürzlich präsentierte.
Demzufolge beliefen sich die direkten und indirekten wirtschaftlichen Schäden Ungarns von Juni 1992, als das Uno-Embargo wirksam wurde, bis einschließlich Dezember 1992 auf rund 300 Millionen Dollar. Dabei fielen allein rund 100 Millionen Dollar an Transitgebühren für Waren und Straßenbenutzung aus. Nicht inbegriffen in der Summe sind Außenstände von 60 Millionen Dollar, die Serbien und Montenegro bei Ungarn bisher nicht beglichen haben, sowie 44 Millionen Dollar, die der Staat für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen aus Ex-Jugoslawien ausgab.
Besonders betroffen vom UNO-Embargo sind die Donau- Stahlwerke und eine Edelmetall- Hütte. Für die Donau-Stahlwerke südlich von Budapest, die ohnehin unter Absatzschwierigkeiten leiden, könnte das Embargo das endgültige Aus bedeuten, sagte ein Firmensprecher. Denn sowohl zur Verarbeitung vorgesehene Rohstoffe als auch Fertigprodukte läßt die Firma zum größten Teil über die Donau transportieren. Derzeit liegen eine Reihe von Eisenerz- Frachtern aus der Ukraine hauptsächlich auf dem rumänischen Donau-Abschnitt fest und warten auf die Genehmigung zur Weiterfahrt.
Im Gegensatz zu Bulgarien und Rumänien profitiert Ungarn allerdings auch wirtschaftlich vom Embargo gegen Restjugoslawien und vom Krieg. Der Handel mit Kroatien und Slowenien, die ihre Warenströme aus Ex-Jugoslawien umlenken mußten, stieg im letzten Jahr sprunghaft an. Auf 200 Millionen Dollar belief sich der Warenumsatz 1992 mit Kraotien, auf 220 Millionen mit Slowenien – und in diesem Jahr soll er noch steigen.
Zusammengenommen stehen die beiden Republiken an fünfter Stelle der ungarischen Exportpartner – noch vor Frankreich, den USA, der Tschechischen Republik und der Slowakei. Die Kroaten hoffen vor allem beim Wiederaufbau ihrer Landwirtschaft und der Tourismus-Industrie auf ungarische Beteiligung. Demnächst soll mit dem Bau der Autobahn Zagreb-Budapest begonnen werden. Ähnliche Projekte sind auch zwischen Slowenien und Ungarn im Gespräch; die Regierung in Ljubljana hat außerdem sein Interesse daran bekundet, daß ungarische Firmen sich an der demnächst beginnenden Privatisierung beteiligen.
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