CDU: Nur Sprechblasen gegen rechte Gewalt

■ CDU im Abgeordnetenhaus macht Linke für rechte Morde verantwortlich und sieht keinen Handlungsbedarf

Die kurzfristig anberaumte Sondersitzung von drei parlamentarischen Ausschüssen zum Problem der rechtsextremistischen Gewalt und Schutzmaßnahmen für ausländische MitbürgerInnen hatte gestern viele Erwartungen geweckt. Doch die Hoffnung, die Politiker hätten den Ernst der Stunde erkannt, war weit gefehlt: Abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen sonderten die Herren Abgeordneten und Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) in gewohnter Manier selbstgefällige Sprechblasen ab.

Zuvor hatte sich der Innenausschuß auf Antrag der CDU ausgerechnet mit der „Zunahme der linksextremistischen und autonomen Gewalt“ befaßt. Der innenpolitische Sprecher des Bündnis 90/ Grüne, Wolfgang Wieland, kommentierte dies mit den bissigen Worten: Die ganze Welt rede davon, daß in Deutschland Menschen verbrannt würden, und die CDU diskutiere über Linksextremismus. „Das“, so Wieland, „spricht für sich.“ Der CDUler Dieter Hapel hielt dagegen: Der Tagesordnungspunkt sei lange geplant, und außerdem sei die linksextremistische Gewalt auch ein „Wegbereiter für den Rechtsextremismus“.

Selbst für Zahlenmaterial, das man in der späteren Sondersitzung über Rechtsextremismus schmerzlich vermißte, war gesorgt. Nach Angaben des anwesenden Leiters des Staatsschutzes, Dieter Piete, stiegen die linksextremistischen Straftaten in den ersten fünf Monaten dieses Jahres im Vergleich zu 1992 von 1.108 auf 1.654.

Der Schwerpunkt: gewalttätige Anti-Olympia- (469) und 1.-Mai- Aktivitäten (346 „Straftäter registriert“). Hauptmotive der militanten Linken seien Antifaschismus und Kampf gegen Hauptstadtplanung. Bundesweit und in Berlin sei es mittlerweile so, daß „auf einen Angriff von rechts vier Angriffe von links“ kämen.

Den Beleg, um was für Taten es sich genau handelt, blieb Piete jedoch schuldig. Er sprach lediglich davon, daß schon ein kurzer Haarschnitt genüge, um Opfer linker Gewalt zu werden. Staats- und Verfassungsschutz gingen von rund 1.200 gewaltbereiten Autonomen und 350 gewaltbereiten Rechten in der Stadt aus.

In der folgenden Sondersitzung brüstete sich der CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky damit, die Ausländerbeauftragte Barbara John habe ein „beachtliches Integrationspapier präsentiert“. „Wer hat das denn immer abgelehnt?“ rief Wieland und forderte die CDU auf, mit dem Ausschluß des Rechtsaußen Heinrich Lummer für klare Verhältnisse zu sorgen: „An Lummer liegt es, daß sich Ausländer hier zum Teil wie vogelfrei fühlen.“ So wie die Grünen trat auch die PDS für kommunales Wahlrecht und doppelte Staatsbürgerschaft ein – was die CDU weiterhin ablehnt. Innensenator Heckelmann listete endlos altbekannte Maßnahmen gegen Rechtsextremismus auf: Ein Informationsaustausch mit den Bundesländern, das 300-Millionen-Programm gegen Jugendgewalt und die Sonderermittlungsgruppe des Staatsschutzes für „politisch motivierte Straßengewalt“ waren darunter. Heckelmann stufte die rechtsextremistischen Aktivitäten in Berlin als „relativ gering“ ein. Es sei aber „nicht auszuschließen, daß auch hier so eine schlimme Nummer passieren kann“. Plutonia Plarre