Ausziehen etc.
: Allerheiligstes

■ Eine Lesben-Stripperin aus dem Amsterdamer Clit-Club verirrt sich nach Berlin

Irgendwie interessiert es einen ja doch, wie's funktioniert – ob's wirklich geil macht. Und wenn es wirklich funktionieren sollte, dann hätte man doch auch gerne mal das Vergnügen, oder? Striptease poppt. Erotik macht Spaß. Zumindest den Herren der Schöpfung. Und dieser Vergnügungsvorsprung ist mindestens so ungerecht wie die Tatsache, daß wir nun in Schmerzen gebären müssen, nur weil Adam so blöd war, den Apfel aufzuessen.

Auf dem Weg in die endgültige Emanzipation müßten doch wenigstens die Lesben mal an einer wirklich anturnenden Erotic- Show vorbeikommen. Und wenn es nur dazu diente, endlich zu begreifen, was die Jungs daran so toll finden.

Die Paloma-Bumms-Bars auf St. Pauli können das Vorbild emanzipierter Stripkultur allerdings wohl kaum sein. Zu deutlich werden hier männliche Kopulations-Phantasien bedient. Und auch die transvestitischen Ausziehnummern der schwulen Subkultur irritieren die naive Sandkasten-Lesbe am Ende doch mit ihrem kleinen, aber wesentlichen Unterschied.

Interessanter fand ich da schon meinen Ausflug in das Stripper- Zelt der „California Dream- Men“, die sich schließlich rühmen, den Hausfrauen aller Länder feuchte Höschen zu bescheren. Aber am Ende tat sich bei mir dann wieder mal gar nichts. Männer sind nicht so mein Fall.

Ich hatte mein Anliegen, in die höheren Weihen des billigen Erotik-Vergnügens eingeweiht zu werden, schon fast aufgegeben, als eine Kreuzberger Kiez-Disco den Berlinerinnen ein drastisches Angebot machte: „Die Nacht der bösen Mösen“. Eine Lesben-Stripperin würde sich in einer lauen Sommernacht von Frau zu Frau ausziehen, hörte man gerüchteweise, ein Female-Profi aus dem Amsterdamer Clit-Club – eigens engagiert, um den Kreuzberger Kurzhaarlesben einmal so richtig einzuheizen.

Die Stimmung ist gut in dieser Nacht, das Beck's fließt reichlich, und Moderatorin Heike versüßt uns den Abend mit launigen Spielchen: „Wer zuerst fünf Präser über die Finger streifen kann, gewinnt den delphinförmigen Dildo!“. Irgendwann in diesem jahrmarktlichen Trubel ist es dann endlich soweit: Die Dame, auf die wir so sehnsüchtig warten, übenimmt den Platz im Scheinwerferlicht. Eine billige Lockenperücke und gut gepflegte Springerstiefel – so habe ich mir eine Lesben-Stripperin dann doch nicht vorgestellt.

Aber die falsche Haarpracht fällt, Göttin sei Dank, als allererstes. Darunter ist der Nacken akkurat ausrasiert, und auch sonst – wir werden es in wenigen Minuten begutachten können – hat Miriam ein inniges Verhältnis zu ihrem Lady-Shave. Ein bißchen Heavy-Musik, ein wenig Hardcore-Gehabe, dann fällt auch schon der lederne Minirock. Die filigranen Netzstrumpfhosen versperren nicht länger den Blick auf die haarfreien Beine, und als Miriam lasziv ihre Arme gen Himmel reckt, ist auch da nichts Anstößiges mehr zu sehen.

Sie macht ihre Sache durch und durch anständig, tut, was man halt so tut als Amsterdamer Profi- Stripperin: Beine streicheln, Po recken, lüstern schauen und dabei die Klamotten verlieren. Nach dreieinhalb Minuten ist der Spaß auch schon fast vorbei, außer dem Tanga-Slip und einem schwarzen BH hat Miriam nichts mehr preiszugeben. Und wäre da nicht eine winzige Kleinigkeit gewesen, man hätte glatt glauben können, doch in St. Pauli, bei den Dream-Men oder im Chez nous gelandet zu sein.

Aber, und das war die erstaunliche Lehre dieses Abends, im Frauen-Strip fällt der Slip noch vor dem BH. Der Busen, nicht etwa die „böse Möse“ ist offenbar unser Allerheiligstes.

So hätte ich mir unsere Erotik dann auch wieder nicht vorgestellt. Klaudia Brunst