Engholm ungläubig

■ Überrascht von Bericht über Bespitzelung / 1987 in „Grenzsituation“

Kiel (AFP) – Björn Engholm hält es für unwahrscheinlich, daß er jahrzehntelang durch den bundesdeutschen Verfassungsschutz überwacht worden ist. Vor dem sogenannten Schubladen-Untersuchungsausschuß des Landtages sagte Engholm am Montag, Hinweise auf eine mögliche Agententätigkeit habe es Ende 1991 in seiner Umgebung gegeben. Sie seien jedoch später „ad acta“ gelegt worden. Sollte der Bericht des Spiegel über derartige Beobachtungen jedoch zutreffen, wäre das ein „Skandal“ und hätte durchaus „Komplott-Charakter“. Es sei auf jeden Fall lohnenswert, der Sache nachzugehen.

Der „Spiegel“ berichtet in seiner jüngsten Ausgabe, die Beobachtung habe Ende der 60er Jahre begonnen. Der damalige Lübecker Juso-Vorsitzende Engholm sei nach Angaben eines Auswerters der Verfassungsschutz-Abteilung III (Linksextremismus) von einer Kontaktperson als „DDR-Sympathisant“ eingeschätzt worden. Seit Mitte der 70er Jahre sei Engholm dann als potentieller Ostagent eingestuft worden. Verfassungsschützer haben diesen Bericht inzwischen als „absoluten Quatsch“ bezeichnet.

Der Kieler Untersuchungsausschuß soll die Zahlungen des früheren SPD-Landesvorsitzenden Günther Jansen an den ehemaligen Medienreferenten in der Kieler Staatskanzlei, Reiner Pfeiffer, sowie die Verbindungen zwischen Pfeiffer und anderen SPD-Politikern im Wahljahr 1987 und danach untersuchen. Engholm war im Mai von seinen Ämtern zurückgetreten, weil er jahrelang wahrheitswidrig erklärt hatte, er sei über die Barschel/Pfeiffer-Aktivitäten erst am Wahlabend Mitte September informiert worden. Vor dem Ausschuß sagte Engholm, sein Anwalt Peter Schulz habe ihn bereits am 7. September im kleinen Kreis in einem Hotel darüber informiert.

Engholm kann sich nach eigenen Angaben jedoch nicht mehr an Einzelheiten dieser Information erinnern. Nach zehn harten Wahlkampfwochen habe er sich damals in einer Grenzsituation befunden. Er sprach von einem „außergewöhnlich schwierigen Zustand seelischer Belastung“.