Curillas kleine Zauberkiste

■ Finanzloch durch Steuerausfälle: Kassenwart greift in die Trickkiste / Fortsetzung folgt garantiert

: Kassenwart greift in die Trickkiste / Fortsetzung folgt garantiert

Schauen Sie genau hin, meine Damen und Herren, was Sie dort sehen, ist ein Loch in der Stadtkasse. 318 Millionen Mark tief. Und nun: Hokuspokus Verschwindibus — nu isses wieder zu. Hamburgs Finanzzaubermeister und Sparsenator Wolfgang Curilla gestern einmal mehr in seiner liebgewonnenen Doppelrolle: „Der Haushaltsplan 1993 läuft trotz erheblicher konjunkturbedingter Einnahmeausfälle weiter auf sicherem Kurs. Aber: Äußerste Sparsamkeit ist angesagt.“

Daß Curilla wieder einmal in die Trickkiste greifen mußte, war schon im Mai klar. Die routinemäßige Steuerschätzung der Bonner Finanzfunktionäre hatte ergeben, daß die Steuergroschen in diesem Jahr, vor allem aber 1994 spärlicher in die Kassen von Bund und Ländern fließen werden als angenommen. Curillas Zauberlehrlinge aus der Finanzbehörde machten sich ans Werk, rechneten die Bonner Zahlen auf Hamburg herunter und kamen zum erwarteten Ergebnis: 318 Millionen Mark weniger als geplant wird die Hansestadt in diesem Jahr einnehmen. 1994 werden es sogar 660 Millionen Mark sein. Dazu kommen in beiden Jahren diverse Mehrausgaben, 1993 bei der Sozialhilfe (80 Millionen) und den Zinsverpflichtungen (41 Millionen), so daß sich das Finanzloch eigentlich verdoppelt hätte.

Hat es aber nicht, weil es da eben noch Curillas Trickkiste gibt. Und in der befanden sich auch noch einige Mehreinnahmen. Völlig unvorhergesehen natürlich, wie sich das für einen richtigen Zauberer gehört. In dieser Kiste ohne doppelten Boden befanden sich:

-200 Millionen Mark aus der Einfuhr- und Umsatzsteuer

-53 Millionen Mark aus dem Länderfinanzausgleich 1991

-50 Millionen aus dem Länderfinanzausgleich 1993, die als Ausgaben eingeplant waren, die die Stadt aber nun doch behalten darf.

-67 Millionen Mark, die durch den niedrigen Tarifabschluß im Öffentlichen Dienst eingespart wurden

-31 Millionen Mark, eingespart durch die Verschiebung der Besoldungserhöhung für Beamte

-16 Millionen aus dem geplanten Verkauf des Operettenhauses

-30 Millionen unter Verschiedenes abgebuchte Mehreinnahmen.

Dazu eine kleine Entnahme bei der Schuldendienstrücklage, ein kräftiger Schluck aus der allgemeinen Rücklage und schon ist alles wieder im Lot. Der 93er Haushalt gedeckt. Curilla zufrieden.

Aber nur für einen Moment, denn da ist ja noch die Lücke für 1994, alles in allem rund 910 Millionen Mark. Und die kommen gerade recht, um bei den in drei Wochen beginnenden Etatberatungen des Senats allzu ausgabefreudigen Kollegen kräftig auf die Finger zu kloppen. Wem und wie heftig, das wollte Curilla gestern noch nicht preisgeben. Schließlich weiß auch der Finanzsenator: „Durch Dinge, die man in die Welt posaunt, diskreditiert man die Dinge.“ Da bereitet man — zumal in Vorwahlzeiten — die Kunststückchen doch lieber im Verborgenen vor. Uli Exner