TU-Studis leben gefährlicher

■ Serie: Berlins schlimmste Straßen (8): Unfälle sind in der Bismarckstraße an der Tagesordnung, wie in sämtlichen umliegenden Hauptverkehrsstraßen auch

Mit elegantem Schwung biegt Studentin Pepsi auf ihrer schwarzen 250er Enduro am Ernst-Reuter-Platz in die Bismarckstraße ab, um zu ihrem Seminar im Telefunken-Hochhaus zu gelangen. Doch von diesem Weg kann Pepsi, die eigentlich Petra heißt, nur abgeraten werden: Denn wer die Bismarckstraße und ihre Verlängerungen nutzt, lebt überdurchschnittlich gefährlich.

In allen drei Kriterien der Studie zur stadtverträglichen Belastbarkeit der Berliner Innenstadt durch den Kfz-Verkehr überschreiten die gemessenen Werte die Alarmpunkte im Bewertungsfeld „Sicherheit“. Im Klartext heißt das, daß auf der achtspurigen Gerade gerast wird, daß Fußgängern die sichere Überquerung ohne Ampel fast nicht möglich ist und daß die Kosten, die der Gesellschaft durch Unfälle entstehen, enorm sind – volkswirtschaftlich nicht zu verantworten.

Knapp drei Millionen Mark müssen jährlich pro Kilometer Bismarckstraße bezahlt werden, ist das erschreckende Ergebnis der Studie, die von der Berliner Gesellschaft für Informatik, Verkehrs- und Umweltplanung (IVU) und der Berliner Forschungsgruppe Stadt und Verkehr (FGS) erarbeitet wurde. Grundlage der Berechnung seien übliche Durchschnittswerte für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, so die Gutachter.

Rechnet man diese Werte, die von den Experten selbst als zynisch bezeichnet werden, makaber zurück, dann könnten diese Kosten beispielsweise durch zwei Tote, mehrere schwer- und einige leichtverletzte Personen im Jahr sowie die entsprechenden Blechschäden entstehen. Denn allgemein wird für einen tödlichen Unfall mit gut 1,2 Millionen Mark gerechnet.

Und Unfälle entstehen auch dadurch, daß Fußgänger die Straße kaum sicher überqueren können: Knapp 50 Sekunden beträgt die Lücke zwischen der Zeit, die man zur Überquerung allein bis zum Mittelstreifen bräuchte, und der, die einem die vorbeirasenden Autos lassen. Knapp 20 Sekunden müssen Fußgänger warten, um ihren gefährlichen Weg überhaupt starten zu können, so die Gutachter. Und die Entfernungen zwischen den Ampeln sind verhältnismäßig groß, die Trennwirkung der Straße ist also enorm und beeinträchtigt die Lebensqualität für die Anwohner daher erheblich. Für Motorradfahrer wie Pepsi zählt jedoch zunächst nur die Chance, sicher am Ziel anzukommen; und die ist selbst dann erschreckend gering, wenn die Bismarckstraße gemieden wird: Der Kaiserdamm als westliche Verlängerung liegt in der Negativ-Hitliste der „40 schlechtesten Straßen im Bewertungsfeld Sicherheit“ noch vor der Bismarckstraße auf Platz 1, schon kurz hinter ihr folgen die Otto- Suhr-Allee, der Spandauer Damm, der Tegeler Weg und die Hardenbergstraße – die unmittelbare Umgebung also.

Ergebnis der Studie, die noch vom rot-grünen Senat in Auftrag gegeben worden war, müßte daher eigentlich die Schließung des TU- Gebäudes sein – aus Sicherheitsgründen. Christian Arns