Ozonalarm: CDU rügt Senator Luther

■ Für heute nachmittag wird Sommersmogalarm erwartet / "Risikogruppen" sollen am Nachmittag Anstrengungen im Freien meiden / Einschränkung der Lebensqualität darf kein Ritual werden

Sommersmogalarm: In den heutigen Nachmittagsstunden werden die Ozonwerte vermutlich auf über 0,18 Milligramm pro Kubikmeter Luft steigen. Dies meldete gestern die Umweltverwaltung auf Anfrage der taz. Heute nachmittag ist es dann wohl wieder einmal soweit: Gesundheitssenator Peter Luther (CDU) wird „Risikogruppen“ wie Kindern, älteren Menschen und Asthmatikern raten, langandauernde Anstrengungen im Freien zu vermeiden. Doch mit dieser Warnung wollen sich inzwischen Gesundheitsstadträte und Abgeordnete auch aus der CDU nicht mehr zufriedengeben. „Es darf kein Ritual werden, auf Grund der Folgen der Luftverschmutzung bestimmten gesellschaftlichen Gruppen die Lebensqualität einzuschränken“, sagte gestern Franz Braun, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU, zur taz. Die Gesundheitspolitik des Senats sei „nicht richtig gut“, bemängelte der CDU-Politiker weiter, „denn insbesondere leiden unter dem Sommersmog auch Kinder“.

Die Reinickendorfer Gesundheitsstadträtin Marlies Wanjura (CDU), gelernte Krankenschwester, meinte gegenüber der taz, daß Gesundheitssenator Luther das Thema Sommersmog „intensivst“ berücksichtigen sollte. Die beiden AL-Gesundheitsstadträtinnen Annette Schwarzenau (Charlottenburg) und Antonia Schwarz (Wilmersdorf) drückten ihre Kritik konkreter aus: Luther soll sich „ganz massiv“ in die Verkehrspolitik einmischen, denn Autoabgase gehören zu den Hauptverursachern des Sommersmogs. Um die Schadstoffe, die auch Allergien und Atemwegserkrankungen auslösten, zu reduzieren, müsse der Autoverkehr deutlich vermindert werden.

Stefan Bundscherer, Klimaexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), sagte, daß Senator Luther die im Flächennutzungsplan vorgesehenen Verkehrsprojekte wie den Innenstadtring, den Tiergarten-Autotunnel und die Verlängerung der Stadtautobahn aus Gründen der Gesundheitsvorsorge in Frage stellen müsse. Denn durch den zusätzlichen Verkehr werde der Sommersmog in Zukunft zu- statt abnehmen. Der BUND wird Lungenfachärzte zu Zusammenhängen zwischen hohen Ozonwerten und Atemwegsbeschwerden befragen. Die Ergebnisse sollen Anfang Juli veröffentlicht werden.

Gesundheitssenator Luther zeigte sich insbesondere darüber, daß gestern Kritik aus seiner eigenen Partei laut wurde, nicht überrascht. In der Frage der Gesundheitsvorsorge sei man sich über die Grenzen der Parteipolitik hinweg einig. Doch die Kritik aus der AL und CDU an seiner Person gab er an den CDU/SPD-Senat weiter. „Aus Gründen der Gesundheitsvorsorge wird dort niemand die geplanten Verkehrsprojekte ändern wollen“, meinte Luther. Bei der Auseinandersetzung um den Flächennutzungsplan stünden Fragen zur Prävention „gar nicht zur Diskussion“. Der Senator selbst wollte die geplanten Verkehrsvorhaben allerdings auch nicht in Frage stellen. Dirk Wildt

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