Subventionskrieg gegen Rotterdam

Einigkeit herrscht zwischen Hafenlobby, Senat und ÖTV gegen Rotterdam: Hamburg rüstet zur  ■ Hafenerweiterungsschlacht

Ein eindrucksvolles Machtkartell aus Politik, Wirtschaft und Gewerkschaft machte sich gestern im Hamburger Gewerkschaftshaus Mut für eine bevorstehende Schlacht: ÖTV-Chef Rolf Fritsch sprach von einer „lebenswichtigen Entscheidung“. Wirtschaftssenator Hans- Jürgen Krupp drohte: „Wir können uns verabschieden, wenn wir nicht handeln und investieren.“ Ein Hafenbetriebsrat rief: „Hier geht es um unsere Existenz!“ Die 120 TeilnehmerInnen der gestrigen ÖTV- Hafenkonferenz einte die Furcht, Hamburg drohe der Sturz ins Bodenlose, wenn es nicht pronto die Unterelbe ausbaggere und das alte Fischerdorf Altenwerder in eine wirtschaftlich blühende Containerlandschaft verwandele.

Der vielgereiste Wirtschaftssenator erstattete Report aus der Rüstungskammer des Gegners: „Wenn man nach Rotterdam fährt und guckt, was die Jungs dort machen, dann kann man Angst bekommen.“ 2,5 Milliarden harte Gulden buttert der niederländische Kriegsgegner derzeit in sein Projekt Delta 2000, einen Container-Moloch der Superlative. Kann Hamburg da ruhig bleiben? Krupp: Der Welthandel wird zunehmen. Das ist prima. Zum einen, weil die Armen der Welt von mehr Handel profitieren, zum anderen, weil Hamburg davon profitiert. 7000 Hafenarbeiter und (angeblich) 140 000 weitere Arbeitsplätze hängen am Hamburger Hafen.

Noch Fragen? ÖTV-Chef Rolf Fritsch hatte keine, im Gegenteil: „Deine Rede“, so später einer der wenigen Kritiker, „hat sich angehört, als habe die Wirtschaftsbehörde sie geschrieben.“ Ganz richtig: Schließlich hatte man sich nicht zum Austausch von Artigkeiten getroffen. Hafenwirtschaft und Senat gehen augenblicklich in die entscheidende Runde um eine Reihe gigantischer finanziell noch nicht abgesicherter Investitionsprojekte: 4. Elbtunnelröhre, Hafenquerspange, Elbvertiefung, Containerterminal Altenwerder. Das von Fritsch noch einmal beteuerte Ja der ÖTV kommt da wie gerufen.

Ins allgemeine Wachstums- Juchhe mischten sich auch kritische Töne: Eine ganze Reihe von Hafenbetriebsräten mahnte an, ihr Ja zu diesen Projekten sei an ein wichtiges „Aber“ geknüpft. Städtische Investitionen müßten an Arbeitsplatzgarantien geknüpft, auf mehr Gesundheitsschutz ausgerichtet, Dumpingtarife verhindert werden. Der Stuttgarter ÖTV-Vorständler Eike Eulen forderte Umweltschutz, eine integrierte Verkehrspolitik und den Abbau von Verkehrsubventionen an. Eulen warnte: „Eine Hafenkonkurrenz Jeder gegen Jeden kann nicht erfolgreich sein. Das

1schadet im Ergebnis allen Häfen.“

Das hatten zuvor auch die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Krista Sager und der grüne Hafenexperte Helmut Deecke betont, deren Kritik — von der Konferenz neugierig beäugt und mit wohlwollendem Beifall bedacht — der Versammlung

1einen kleinen Vorgeschmack auf rot-grüne Streitkultur gab. Noch sind Elbvertiefung und Altenwerder nicht unterm Bagger. Denn, so räumte selbst Wirtschaftssenator Krupp ein: Trotz allen Kampfgeschreis ist die Kriegskasse ziemlich leer, „die Finanzierungsfrage ist

1eine heikle“. Hamburgs Hafenplanungschef Heinz Giszas störte das wenig. Er gestand: „Mein Kollege in Bremen hat mir neulich gesagt, es sei sein Traum, einmal im Leben so eine Fläche wie unser Altenwerder in ein Containerterminal zu verwandeln.“ Florian Marten