Ozon: Umweltpolitiker fordern Fahrverbot

■ Abgeordnete von SPD und Bü 90/Grüne setzen sich für Heilbronner Modell ein / Senat soll sich nicht länger verstecken

Knapp am Sommersmog- Alarm vorbei: Die Ozonbelastung blieb gestern mit 0,17 Milligramm auf einen Kubikmeter Luft gerade noch unter dem Alarmwert. Ab 0,18 Milligramm wird empfindlichen Personen geraten, lang andauernde Anstrengungen im Freien zu vermeiden. Dennoch ist auch diesen Sommer wieder mit häufigem Ozonalarm zu rechnen. Im vergangenen Jahr wurde der Alarmwert an 31 Tagen, im Jahr zuvor an 18 Tagen überschritten. Der umweltpolitische Sprecher der SPD, Wolfgang Behrendt, verschärfte gestern seine Kritik am Senat. Die CDU/SPD-Landesregierung reagiere unzureichend und dürfe sich nicht länger hinter der Bundesregierung verschanzen, die sich wiederum hinter der Europäischen Gemeinschaft verstecke. Es könne nicht länger auf langwierige europaweite Regelungen gewartet werden – regionale Lösungen seien gefragt.

Behrendt will nun prüfen lassen, ob das Heilbronner Modell auch in Berlin verwirklicht werden kann. In der Stadt sollen an einem der kommenden heißen Wochenenden vier Tage lang alle Straßen für Autos ohne Drei-Wege-Kat gesperrt werden. Ausnahmen erhalten schadstoffarme Dieselfahrzeuge und der nächtliche Lieferverkehr.

Das Bündnis 90/Grüne will, daß bereits im August Fahrverbote für Autos ausgesprochen und der Betrieb von Kraftwerken eingeschränkt wird, sobald die Ozon- Werte über 120 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft steigen. Während des Pokalendspiels am kommenden Wochenende müsse der Verkehr bereits eingeschränkt werden, forderte gestern der umweltpolitische Sprecher der Grünen, Hartwig Berger, um die Fußballspieler vor dem Ozonsmog zu schützen.

Berger und Behrendt widersprachen gemeinsam der Behauptung, mit Verkehrseinschränkungen könnte die Ozonbelastung nicht gemindert werden. Die Wirkung auf die Luftqualität könnte bei dem geforderten Versuch im August gemessen werden.

SPD-Umweltpolitiker Behrendt teilte die Kritik des Gesundheitssenators Peter Luther (CDU) am Flächennutzungsplan. Luther hatte in der taz von gestern dem Senat vorgeworfen, bei Verkehrs-, Industrieansiedlungs- und Grünflächenplanungen die Gesundheitsvorsorge nicht zu berücksichtigen. Auch der Umweltproblematik werde in den Planungen zu wenig Beachtung geschenkt, betonte Behrendt. Berger warnte davor, daß bei der geplanten Zunahme des Autoverkehrs auch der Sommersmog schlimmer werde.

Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) wies die Kritik seines Parteifreundes und Kollegen aus dem Gesundheitsressort sowie der Umweltpolitiker von SPD und Bündnis 90/Grüne zurück. Er verteidigte die Planung des Innenstadtrings, weil dadurch Bürger innerhalb des Rings vor zusätzlichem Verkehr „geschützt“ würden. Haase gestand auf Nachfrage allerdings ein, daß ein Gutachten seiner eigenen Verwaltung zu den geplanten Ost-West-Straßenverbindungen im Innenstadtbereich mit einer deutlichen Zunahme des Autoverkehrs rechnet. Von dem Vorschlag, am Wochenende und im August bei erhöhten Ozonwerten den Verkehr zu reduzieren, „halte ich nicht die Bohne“, sagte der Senator der taz. Dirk Wildt