■ Press-Schlag
: Triumph für Theo!

Bundesfinanzminister Waigel durfte zwar Landesfürst Streibl nicht beerben; nun hat er aber doch obsiegt über seinen Kontrahenten Edmund Stoiber – im Fußball nämlich. Während der neue Ministerpräsident, der dem FC Bayern ganz fest die Daumen drückt, vergangene Woche den Einbruch seiner sportlichen Lieblinge erleben mußte, jubelte Theo vorgestern mit seinen Münchner „Löwen“: Der TSV 1960 schafft (wieder einmal) den Aufstieg in die zweite Bundesliga – und der bekennende Sechziger Waigel hockte quietschfidel auf der Tribüne. Drunten auf dem Rasen gelang der Schulterschluß mit Werder Bremen: Wie Bockenfeld und Herzog tanzten Manager Schmitz und Trainer Lorant zwar nicht Walzer, aber Polka. Und Wildmoser, der barocke Präsident, weinte. Tage zuvor hatte er das „Löwen“-Maul noch ganz weit aufgerissen: „In drei Jahren, da schlagen wir die Bayern 4 : 1.“ Der Profifußball hat sie wieder, die übermütigen, streitbaren, großmannsüchtigen, schusseligen und daher so liebenswerten „Löwen“.

Wer sich Sechzig verschrieben hat, der erlebt die Achterbahn der Gefühle im Eilzugtempo. Aufstieg vor zwei Jahren, Abstieg vergangene Saison, erneuter Aufstieg heuer. Manche (wahrscheinlich aber nur ganz wenige) machten da nicht mehr mit. „Jetzt langt's mir“, schimpfte Anhänger Manfred Vielberth, 62, nach seinen Angaben „Löwen“-Fan seit 1946. Nicht mit einer Hinwendung zum Lokalrivalen Bayern (so etwas tut ein Sechziger nicht) wurde der TSV 1860 bestraft, sondern mit Liebesentzug. „Ich kann die nicht mehr sehn, ich geh nicht mehr ins Stadion“, grantelte Vielberth. Er war erstaunlich konsequent. Aber er blieb eine Ausnahme.

Andere hingen weiterhin wie Sekundenkleber an den „Löwen“, kamen auch aus Hamburg und Wien, um Langweiler gegen Memmingen und Starnberg zu sehen (zum letzten Aufstiegsspiel gegen Ulm waren, man lese und staune, zwei Fans aus Paraguay und Schottland angereist). 7.000 Fußballverrückte pilgerten durchschnittlich zu den Bayernliga-Spielen – absolut zweitligareif, zudem natürlich ausbaufähig (Vielberth will wiederkommen in der zweiten Liga). Aber den Trainer liebten sie lange nicht. Werner Lorant ist Profi (kickte unter anderem bei Eintracht Frankfurt), wirkte lange Zeit kühl und war medienunwirksam ruhig an der Seitenlinie. „Das ist keiner von uns“, moserten manche Fans, die dem volksnahen Karsten Wettberg nachtrauerten, der eine Meute junger, bissiger „Löwen“ vor zwei Jahren im Triumphzug in die zweite Liga geführt hatte. „Lorant ist ein Fachmann, genau richtig für uns“, lobten indessen die Spieler. Fast alle haben Profi-Erfahrung: Michael Kroninger (Schalke 04, Offenbach), Niels Schlotterbeck (Duisburg, Stuttgarter Kickers, Hansa Rostock), Bernhard Trares (Darmstadt), Thomas Ziemer (Homburg), Ralf Strogies (Braunschweig), Jens Keller (VfB Stuttgart), Runald Ossen (Darmstadt); dazu diejenigen, die mit Sechzig auf- und wieder abgestiegen waren: „Magic“ Kneißl, der Liebling der Fans, Miller, Maurer, Schmidbauer, Störzenhofecker und der baumlange Torwächter Rainer Berg. Ein professionelles Team, das zum Trainer paßt, der die Rückkehr in die zweite Bundesliga clever plante und zügig verwirklichte. Aber es war kein Husarenritt wie unter Wettberg.

Den meisten Fans war das letztlich egal. Bei den Aufstiegsspielen war eine blau-weiße Völkerwanderung angesagt: 10.000 fuhren nach Norderstadt, 8.000 nach Offenbach. Richtig gefeiert wurde dann daheim gegen Ulm – im ausverkauften Haus. Mit Theo. Gerhard Sepp Fischer