Gigantische Kneippkur

■ Der Fernsehabend zum „Tag des Ortsvereins“

Großereignis – Nullmeldung: Viel zu berichten in Sachen Gerdolf Schröping LaZeul (taz) gab's bei „heute“ um 19 Uhr auf 3 sat noch nicht. Außer der Journalistenhorde in der SPD-Baracke, die einen echten Wahlabend simulierte, war nicht viel zu sehen. Die „Tagesschau“ um 20 Uhr brachte vorsichtshalber nur die Ergebnisse aus den verschiedenen Bonner Ortsvereinen – die Sozis sind halt so unregelmäßig aufs Vaterland verteilt.

Das „heute-special“ gegen 21 Uhr im ZDF begann zu früh, noch fummelte ein Techniker am Tischmikro, da wurde schon ins Studio geblendet. Auch sonst fiel das Zweite voll rein: Munter vermeldete der Redakteur im Studio, wer denn welches Bundesland und wer die meisten gewonnen habe: Scharping vorn. Dies dementierte sogleich der Bonner Korrespondent, der nach der Stimmenzahl ging und Gerhard Schröder als vorläufigen Vorsitzer sah. Auch beim Newskanal n-tv Selbstdementi. Kurz nach neun die Meldung: Heidemarie Wieczorek- Zeul hat sich selbst aus dem Rennen genommen, 20 Minuten später soll sie dies angeblich nicht erklärt haben, zwei Minuten später wird Schröders Ausstieg vermeldet.

Soviel Hektik um noch einen Pfälzer Langweiler. Um 22 Uhr ist alles klar: Scharping ist es, „Sat.1- News-extra“ hatte am besten getimet. Deshalb gleich vom „amtlichen Endergebnis“ zu schwafeln, war allerdings nicht notwendig. Alle drei an drei Orten mit möglichst kurzen Statements in zehn Minuten live, das war gut gemacht, selbst Wieczorek-Zeul als Frau durfte nach heftigem Insistieren ausreden. Nur der notorische Udo Philipp in Mainz stellte zu höfisch- höfliche Fragen an den neuen Ober-Sozi.

Nun, nach den harten Nachrichten, begann die Laber-Zeit. „Talk im Turm“ (Sat.1) mutete uns zum wiederholten Mal die singende Statistikerin Noelle-Neumann zu. In „Tagesthemen“ stanzten die bewachsenen Scharping-Kiefer echte Kohl-Sätze. Eiern in der Blauhelmfrage, Krise, was wollt Ihr denn? Asyl, Solidarpakt: „Alles schon verabschiedet.“ Johannes Rau schilderte den „Tag des Ortsvereins“ begeistert als gigantische Kneippkur: Nach 130 Jahren der „entscheidende Schritt zur Belebung der Partei“. Die ARD-Bilder aus den Ortsvereinen zeigten, daß die Basis von oben „überfahren“ wurde.

Am besten hatte es da „Zak“ im Ersten, denn es hatte den Kabarettisten Dieter Hildebrandt zu Gast. Seine Sympathie für die SPD sei seit der Asylentscheidung auf dem Nullpunkt, sagte der. Die Heidemarie bei „Schreinemaker's“ und Scharping auf dem „Heißen Stuhl“, das sei ziemlich zum Kotzen, aber eins habe die Basisbefragung den Sozis ja gebracht: „So oft waren die noch nie in den Medien.“ kotte