Duales System ist der Pleite nah

Töpfer und DSD ließen Kunststoffindustrie aus der Verantwortung entkommen / Entsorgungskosten für Plastik zu niedrig angesetzt / Ab Oktober will DSD kostendeckend arbeiten  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Berlin (taz) – Das Duale System Deutschland (DSD) wird in diesem Sommer nur knapp der Entsorgung durch den Konkursrichter entgehen. Die Organisation zum Sammeln, Sortieren und Verwerten von Verpackungsmaterial hat die Kosten für Kunststoffe zu niedrig kalkuliert und muß jetzt die entstehenden Finanzlöcher stopfen. Eine Eigenkapitalaufstockung von 500 Millionen Mark sei notwendig, um eine „mögliche Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung mit den sich daraus ergebenden insolvenzrechtlichen Konsequenzen zu verhindern“, schrieb das DSD in einem Kreditvertrag mit Industrie und Handel.

In die finanzielle Bredouille gekommen ist das DSD vor allem, weil es seit dem vergangenen Sommer selbst die Verwertung der Kunststoffe garantiert, statt dies wie geplant der chemischen Industrie zu überlassen. Den Kunststoffherstellern war diese Aufgabe nach den Müllskandalen in Frankreich auf Druck von Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) entzogen worden. Was damals nicht ausreichend bedacht wurde: Mit der Verantwortung für die Verwertung landete aber auch die finanzielle Verantwortung für die Kunsstoffverwertung direkt beim DSD. Und die Preise für das angebliche Kunststoffrecycling waren 1991 in einer „Pi mal Daumen- Rechung“ (DSD-Sprecher Gunnar Sohn) viel zu niedrig kalkuliert worden. Die Kunststoffhersteller, bei denen sonst das Finanzloch entstanden wäre, können sich heute ins Fäustchen lachen.

„Wir müssen die Zeit vom Frühjahr bis zum Oktober überbrücken“, räumte DSD-Sprecher Sohn die Finanzkrise gestern ein. Ab Oktober hat das DSD die Entsorgungsgebühren für Verpackungskunststoff um im Schnitt ein Drittel erhöht – dann hofft man kostendeckend arbeiten zu können.

Der finanzielle Engpaß des Monopolunternehmens wird noch verschärft, weil die BundesbürgerInnen fleißiger Plastikverpackungen gesammelt haben, als dies die Verantwortlichen des DSD für möglich hielten. 400.000 Tonnen statt der erwarteten 100.000 Tonnen fallen in diesem Jahr zur Entsorgung an. Zweitens „haben viele Unternehmen den Grünen Punkt auf ihre Verpackungen gedruckt, aber die Gebühren nicht gezahlt“, sagt Marlene Mühe vom Bundesumweltministerium.

Das soll in Zusammenarbeit mit dem Handel jetzt besser kontrolliert werden. Das DSD will nach einem Bericht der FAZ außerdem die Zahlungen an die dem DSD angeschlossenen Entsortungsunternehmen um 150 Millionen Mark kürzen und den Kommunen 120 Millionen Mark weniger an Gebühren für Containerstellplätze zahlen.