Ist Europas Forstwirtschaft nachhaltig?

■ 40 Länder wollen lasche Walddeklaration verabschieden

Berlin (taz) – Zumindest für die Hoteliers in Helsinki wird sie ein Erfolg, die zweite europäische Waldkonferenz, die heute in der finnischen Hauptstadt zu Ende geht. Fachminister aus 40 europäischen Ländern sind mit ihrem Tross eingeflogen, um die 26 Seiten einer Waldschutzdeklaration und vier Resolutionen für den alten Kontinent zu verabschieden.

Ziel, so die Konferenzleitung vorab, sei die „Förderung einer vernünftigen Waldwirtschaft“ in Europa. Darunter verstehen die Minister, unter ihnen der Staatssekretär des Bundeslandwirtschaftsministeriums Wolfgang Gröbl (CSU), aber deutlich etwas anderes als die beobachtenden Umweltverbände. Diese kritisieren, daß die Konferenz den Import von Tropenholz aus nicht nachhaltigem Anbau nach Europa nicht verbieten will und immer noch so tut, als ob die Nadelholzwüsten Zentral- und Nordeuroapas etwas mit Wald zu tun hätten. Solange die Motorsäge kreist, muß die biologische Vielfalt zurückstehen. Einheimische Arten sollen nach den Vorlagen Plantagenbäumen nur dann vorgezogen werden, „wo dies angemessen ist“.

„In Europa ist das Prinzip der nachhaltigen Forstwirtschaft doch verankert“, verteidigt dagegen Helmut Dörfliner vom Bundeslandwirtschaftministerium die Papiere. Sein Ministerium sei mit der Deklaration in Helsinki „einigermaßen zufrieden“. Staatssekretär Gröbl, von Hause aus selber Forstwirt, plane, sie „nach dem derzeitigen Stand zu unterzeichnen“. Die Deklaration würde nach seinem Verständnis die Umwandlung aller alter Waldbestände in Kieferholzfarmen nicht decken.

Eben dieser „business as usual“- Ansatz bringt die ökologen in Helsinki so auf. In Finnland beispielsweise werden in jedem Jahr 50.000 Hektar Wald für den deutschen Papierhunger abgeholzt; finnische Firmen wüten auf der russischen Halbinsel Karelien, und in Deutschland sind die Hälfte aller Bäume krank oder tot – eben nachhaltige Waldwirtschaft in Europa. „Nachhaltigkeit und biologische Vielfalt gehören zusammen. In Skandinavien, aber nicht nur dort, sieht man dagegen deutlich, wie biologische Vielfalt auf dem Altar der Produktivität geopfert wird“, schimpft nicht nur Christoph Thies von Greenpeace.

Die ökologen verlangen, daß in den Deklarationen von Helsinki eine Verringerung des Holzverbrauchs festgeschrieben wird und die alten, noch naturnahen Wälder künftig vor den Motorsägen sicher sein sollen. Bestehende marktwirtschaftliche Instrumente müßten zum Schutz der europäischen Wälder eingesetzt werden: Eine Verpflichtung, Umweltkosten und Nutzen im Marktmechanismen umzusetzen und zum Schutz der Wälder einzusetzen, sei aus dem Deklarationstext verschwunden, moniert Greenpeace.

Wie sich europäische Forstminister die auf dem Papier erwünschte Beteiligung der betroffenen Bevölkerung und der Öffentlichkeit vorstellen, zeigt eine kleine Petitesse am Rande: Die vorbereiteten Konventionstexte hat das Sekretariat der Konferenz der Öffentlichkeit bewußt erst zur Konferenzeröffnung zur Verfügung gestellt. Hermann-Josef Tenhagen