„Ich bin ein unheilbarer Optimist“

■ Ex-Militärherrscher Obasanjo über die Zukunft Nigerias

Der 66jährige Olusegun Obasanjo ist eine der am meisten respektierten Poltiker Nigerias. Nachdem er 1970 entscheidend zur Niederschlagung der Biafra-Sezession beigetragen hatte, nahm er am Militärputsch von 1975 teil und wurde 1976 Präsident. 1979 gab er die Macht an eine gewählte Zivilregierung ab. Heute ist er ein scharfer Kritiker des Militärregimes von General Babangida.

taz: Halten Sie die Entscheidung der Wahlkommission für Teil eines Geheimplans der Militärregierung, an der Macht zu bleiben?

Obasanjo: Ich habe schon vor langer Zeit gesagt, daß ich nur glauben will, was ich wirklich sehe. Deshalb bin ich realistisch geblieben, als die Leute über die Wahlen in Euphorie ausbrachen, basierend auf dem, was wir von dieser Regierung wissen. Ich denke, mich kann nichts überraschen, was diese Regierung tut.

Glauben Sie, daß das Wahlergebnis doch irgendwann veröffentlicht wird?

Ich denke, die Nigerianer und die internationale Öffentlichkeit haben die Möglichkeit, Druck auszuüben.

Sie gelten als moralische Instanz. Wollen Sie öffentlich Stellung beziehen?

Nein. Ich möchte die weitere Entwicklung in dieser Serie von Irrtümern beobachten.

Halten Sie sich für mitverantwortlich an der Entwicklung in Nigeria?

Ja. Diese Regierung ist unter unmoralischen Umständen an die Macht gekommen – und keiner hat den Mund aufgemacht.

Befürchten Sie nun bürgerkriegsähnliche Zustände?

Ich weiß es nicht. Ich bin ein unheilbarer Optimist, wenn es um Nigeria geht. Ich möchte immer noch hoffen, daß wir bis an den Rand der Klippe gedrängt werden, aber nicht hinunterstürzen.

Es scheint, als ob sich die Bevölkerung Nigerias von ihrer Regierung viel gefallen läßt.

Babangida hat die Kultur des öffentlichen Protestes ausgelöscht. Er hat die Parteien aufgelöst und die politische Klasse zur Bedeutungslosigkeit herabgewürdigt. Die Mittelschicht ist verarmt, die Korruption ist auf die Spitze getrieben worden. Aber es gibt immer eine Grenze für Toleranz. Wir wissen nicht, wann diese Grenze erreicht ist und was die Folgen sein werden. Interview: Bettina Gaus