Butros Ghali sagt danke schön

■ UN-Generalsekretär Butros Ghali in Bonn: Deutscher Abzug schüfe „eine Menge Probleme“

Bonn (taz) – Ein Abzug der deutschen Soldaten aus Somalia würde für die UN- Mission in dem afrikanischen Land „eine Menge Probleme schaffen“ und könne einen Präzedenzfall schaffen. Das sagte UN- Generalsekretär Butros Butros Ghali gestern bei seinem eintägigen Besuch in Bonn. Ghali lehnte es aber ab, einen deutschen Rückzug mit dem Wort „katastrophal“ zu bewerten, wie dies in den vergangenen Tagen Bundeskanzler Helmut Kohl und Außenminister Klaus Kinkel getan hatten. Die UNO respektiere die Souveränität ihrer Mitgliedstaaten und habe deshalb auch Entscheidungen des deutschen Bundesverfassungsgerichts zu akzeptieren, versicherte der Generalsekretär.

In Bonn traf Ghali mit Kohl, Kinkel und Entwicklungshilfeminister Carl-Dieter Spranger zusammen. Das für den gestrigen Abend erwartete Urteil des Verfassungsgerichts sei einer der „Hauptgegenstände“ der Gespräche gewesen, sagte Kinkel. Der Generalsekretär, der zum zweiten Besuch innerhalb eines halben Jahres nach Bonn gekommen war, versicherte der Bundesregierung und „dem deutschen Volk“ seine Dankbarkeit für die deutschen Beiträge zu verschiedenen UN-Missionen. „Die UNO braucht Deutschland, und Deutschland braucht die UNO“, sagte er.

Außenminister Kinkel trug Ghali nach eigenen Angaben erneut den deutschen Wunsch nach einem ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat vor. Er habe dem Generalsekretär gesagt, „daß wir nicht unnötig drängeln wollen“, jedoch den Wunsch hätten, in der Diskussion um die Reform des Sicherheitsrats „mitzureden“. Ghali meinte, er sehe keinen Zusammenhang zwischen dieser Frage und der deutschen Beteiligung in Somalia.

Nur ausweichend äußerte sich der Generalsekretär zu der Frage, warum es nicht zu dem von ihm angebotenen Auftritt vor dem Bundesverfassungsgericht gekommen sei. Ghali ließ es offen, ob er von sich aus sein Angebot zurückgezogen habe oder ob zuvor das Gericht sein Anerbieten abgelehnt habe. Seine „wahre Version“ sei, daß Bundesregierung, Verfassungsgericht und UNO übereingestimmt hätten, daß sein Stellvertreter Wladimir Petrowsky in Karlsruhe aussagen solle.

Kinkel hob hervor, daß das Zusammentreffen des Ghali-Besuchs mit der Somalia-Verhandlung des Verfassungsgerichts Zufall gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Besuchsplanung sei der Termin vor dem Verfassungsgericht noch nicht abzusehen gewesen. Daß der Generalsekretär Bonn bereits seinen zweiten Besuch innerhalb weniger Monate abstatte, zeige, „welches Interesse“ die UNO an Deutschland habe, meinte Kinkel.

In Bonn wurde gestern allgemein damit gerechnet, daß das Bundesverfassungsgericht den Antrag der SPD ablehnen werde, die deutsche Somalia-Mission zu stoppen. SPD-Kreise sprachen bereits davon, daß damit dann die innerparteiliche Debatte auch beendet wäre. FDP-Fraktionschef Hermann Otto Solms kündigte an, daß die Diskussion um eine Grundgesetzänderung für deutsche Out-of-area-Einsätze „obsolet“ werden könne. Die Verkündung der Gerichtsentscheidung wurde noch für den gestrigen Abend erwartet. Seite 5