Wundersam schuldenfrei

■ Enormer Geldsegen in die Kassen des FC St. Pauli durch den Verkauf der Werberechte an die Kommanditgesellschaft „FC St. Pauli Lizenz KG“ fs

Aktienhokuspokus nun auch beim FC St. Pauli? Der Fußball-Zweitligist will seine Schuldenlast von derzeit elf Millionen Mark auf einen Schlag um mehrere Millionen reduzieren. Gestern stellte Klubpräsident Heinz Weisener im edlen Ambiente der Vorstandsetage des sponsorenden Versicherungskonzern das Konzept vor, mit dem der Verein vom Millerntor eine wirtschaftlich wie sportlich bessere Zukunft einleiten will: Die „FC St. Pauli Lizenz KG“.

Der Verein verkauft seine Werberechte, zum 1. Juli 1993 an die Kommanditgesellschaft und erhält zudem einen einmaligen Zuschuß für die Profiabteilung von 2.25 Millionen Mark. Ein bisher einmaliger Vorgang im deutschen Profifußball; für Heinz Weisener, der die Urheberschaft für dieses Modell beansprucht: „einfach revolutionierend.“

Die „FC St. Pauli Lizenz KG“ wiederum überläßt der von Weisener erworbenen „FC St. Pauli Marketing GmbH“ die Rechte zur wirtschaftlichen Nutzung und kassiert dafür von der „Marketing GmbH „jährlich eine Lizenzgebühr von 1,3 Millionen Mark. Bleiben die Erträge der GmbH unter 1,3 Millionen Mark, kommt Weisener – der auch schon jetzt für einen Großteil der St. Pauli-Schulden bürgt – gegenüber der KG für den fehlenden Differenzbetrag auf, etwa bei einem Abstieg in die Oberliga.

Die Minsdesteinlage beträgt 5000 Mark, in Beteiligungsgesellschaften 100 Mark. Die Ausschüttungen auf Kommanditbeteiligungen, beginnend ab 1994 betragen 6 Prozent nominal (11 Prozent effektiv). Der wesentliche Anreiz für diese Art von Beteiligung ist eine Verlustzuweisung von 96 Prozent, also die Möglichkeit bei einer Investition von 10 000 Mark in diese KG 9600 Mark bei der Steuererklärung als Werbungskosten angeben.

Professor Dieter Sous, dessen Unternehmen (Prof. Sous & Partner Treufinanz Königswinter GmbH) das Modell entwickelte und auch vertreiben wird, frohlockte: „Es ist für jeden etwas, der eine wirtschaftlich interessante, steuerlich günstige Geldanlage sucht.“

Sous erhofft sich einen Run auf die Beteiligungsscheine. „Selten“, verkündete Sous mit einem etwas zu penetrant zur Schau gestellten Optimismus, „hat die Vorankündigung einer neuen Fonds-Idee bereits im Vorfeld soviel Resonanz bei meinen Kunden gefunden wie dieses erste Fußball-Paket.“

Anders als die gescheiterte Aktiengesellschaft des HSV, betont Weisener: „Hier bekommt man einen tatsächlichen Wert für sein Geld.“ Der millionenschwere Architekt fungierte zudem als Gründungskommandist ist mit 50 000 Mark. Im Erfolgsfall bekommt er so seine dem Verein gewährten Darlehen in Millionenhöhe vom Verein zurückgezahlt. Weisener appellierte bei der Vorstellung besonders an die Anhänger seines Klubs: „Jeder St. Paulianer kann dazu beitragen, daß wir wieder den Anschluß an die deutsche Spitze finden, ohne aufgrund wirtschaftlicher Schwäche wieder ins Mittelmaß zurückzufallen.“

Kai Rehländer