Sanssouci: Vorschlag
■ Cosmic Psychos und Superchunk auf der Insel
Der Funk-Metal-Rap-und-so-weiter-Crossover-Troß ist weitergezogen, und Berlin rockt trotzdem wieder: Bodenständiger und erdgewandter lädt die Insel der Jugend diesmal zu einem Open-air-Festival, einem Punk-Rock-Stelldichein mit Superchunk und den Cosmic Psychos als Hauptprotagonisten. Beide Bands spielen einen von allen Metropoleneinflüssen unberührten, unbeirrbar stoischen Punkrock, eine Musikform, die durch zunehmende Ko-Optierbarkeit durch Rechts-Rocker kürzlich in Verruf geraten ist. Allerdings sind Superchunk und die Cosmic Psychos weit davon entfernt, von den falschen Leuten vereinnahmt zu werden, sind in ihrem dichten Soundgewebe doch genug feine Risse und Brüche vorhanden, um bei marschrhythmengewohnten Ohren für ein Zuviel an Irritation zu sorgen.
Die Cosmic Psychos aus Australien waren schon längere Zeit als verschollen gemeldet – mutmaßlich mit der Bestellung von Wiesen und Feldern beschäftigt –, bevor ihnen der Gedanke an ein Comeback kam. Ihre erste EP hieß „Down On The Farm“ und zeigte drei stämmige Männer mit Gitarre, Gewehr (!) und Trommel auf einer mit gelben Blümchen übersäten Wiese, eine Koketterie mit der Natur und der Wehrhaftigkeit in einsamen Landstrichen, die so weit ging, daß es Bassist Ross Knight jahrelang vorzog, Trecker zu fahren und Kühe zu melken statt auf Tour zu gehen. Ganz Farmer-like auch ihr Sound: Ein knochentrockener, runtergehauener Baß trifft auf eine Gitarre, die die diffizileren Songstrukturen ausbalanciert, zusammengehalten durch ein unermüdliches Schlagzeug – one, two, three, we are the Cosmic Psychos, we are the three male models ... und ab geht's!
Down from Chapel Hill, North Carolina, kommen Superchunk. Sie werden die Buzzcocks der Neunziger genannt, ein Etikett, das sie sich gerne anheften lassen, sind letztere doch eindeutig ihre Vorbilder und Idole – ohne Wenn und Aber. Superchunk rocken denn auch munter drauflos, verbreiten eine selbstverständlich gute Laune, die ansteckend ist, aber nicht immer sofortigen Zugang zu ihren Songs gewährt. „On The Mouth“, ihr letztes Album, wirkt zuerst sehr undurchdringlich, ein schneller Song gleicht dem anderen, und erst nach langsamem, nach mehrmaligem Hören erschließen sich alle Fein- und Schönheiten der Songs – die einen dann allerdings nicht mehr so leicht loslassen. Ansonsten glänzt die Band durch Unscheinbarkeit und absichtsvoll langweilige Nettigkeit, bloß kein Rock-Star-Gehabe: Superchunk – find' ich gut. Gerrit Bartels
Zusammen mit Green Hill aus Erfurt und Trout aus Berlin, Insel der Jugend, Treptow, Beginn: 17.30 Uhr!
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