Der Berliner Mieterverein rät
: Baulärm und Mietminderung

■ Mietminderung hängt davon ab, ob der Mietgebrauch beeinträchtigt ist

Das Stadtzentrum Berlins wird in naher Zukunft eine der größten Baustellen Europas sein. Aber auch im Rest der Stadt, vor allem im Ostteil, wird in erheblichem Umfang gebaut. Was des Bauträgers Freud, ist des Bewohners Leid. Bauarbeiten schaffen Belästigungen. Dem ohnehin meist schon lärmgeplagten Großstädter vergeht bei Preßlufthämmern und Schlagbohrern endgültig das Wohlbefinden, nicht nur auf der Straße, sondern zunehmend auch in den eigenen vier Wänden.

Ob der Mieter zu einer Minderung der Miete bei Baulärm berechtigt ist, hängt davon ab, ob der Mietgebrauch beeinträchtigt ist. Es kann sich also um Mängel handeln, die nicht zwingend dem Haus oder der Wohnung anhaften. Für Beeinträchtigungen, die ihre Ursache außerhalb des Hauses haben, in dem die Wohnung liegt, besteht daher ebenfalls ein Mietminderungsanspruch.

Dies hat das Bayerische Oberlandesgericht im Jahr 1987 noch einmal bindend erklärt. Danach ist der Mieter auch zur Minderung der Miete berechtigt, wenn der Baulärm von einem Nachbargrundstück ausgeht und der Vermieter gegenüber dem Nachbarn die Lärmbelästigung hinnehmen muß. Rechtliche Unsicherheit für den Mieter besteht nur dort, wo der Vermieter selbst weder Abwehransprüche noch Entschädigungsansprüche durchsetzen kann.

Mietminderungsansprüche kann und sollte der Mieter umgehend nach Eintritt der Beeinträchtigung des Mietgebrauchs vornehmen. Wird über einen längeren Zeitraum, gemeint sind etwa zwei Monate und mehr, von seitens des Mieters der Lärm beanstandungslos hingenommen, so verwirkt der Mieter seine Mietminderungsansprüche. Der Mieter hat die Darlegungspflicht. Der Bundesgerichtshof hat aber 1991 deutlich gemacht, daß der Mieter nur die konkreten Sachmängel darlegen muß, hingegen die Erläuterung der Gebrauchsbeeinträchtigung nicht zu seiner Pflicht gehört.

Die Höhe des Minderungsanspruchs ist abhängig vom Umfang der Beeinträchtigung. Bei Lärmbelästigungen wegen Bauarbeiten im Haus haben verschiedene Gerichte Minderungsansprüche in Höhe von 20 bis 30 Prozent akzeptiert, bei Dachgeschoßausbau in einem Fall sogar 60 Prozent. Die Berliner Rechtsprechung akzeptiert eine Mietminderung von der Bruttokaltmiete, also von der Miete ohne die Vorauszahlungen für Heizung und Warmwasser.

Sollte der Baulärm so umfassend sein, daß der Mieter seine Wohnung für unbewohnbar hält, so hat er möglicherweise Schadensersatzansprüche, zum Beispiel für außerhäusige Unterbringung gegenüber dem Vermieter. Erfolgschancen bestehen dafür aber nur, wenn dem Vermieter ein Verschulden in diesem speziellen Fall vorzuhalten ist.

Handelt es sich beispielsweise um eine öffentlich-rechtlich unerlaubte Lärmerzeugung (beispielsweise, wenn Bauarbeiten auch am Wochenende durchgeführt werden), dann könnte der Mieter den Vermieter mit einer Frist zur Unterlassung auffordern.

Bei Nichterfüllung würde sich dann folglich ein Verschulden des Vermieters ergeben, was Schadensersatzansprüche des Mieters letztendlich doch noch berechtigen könnte. Reiner Wild

Der Autor ist Vorsitzender des Berliner Mieterverein e.V.