■ Der Spaghetti-Western ist tot – es lebe der Wodka-Western
: Django gegen russische Rothäute

Golizino (AFP) – Die besten „Rothäute“ finden sich wohl am ehesten in den Weiten der alten Sowjetunion, muß sich der italienische Regisseur Enzo G. Castellari gedacht haben, als er sich entschied, seinen ersten Western in Rußland zu drehen. Die Vertreibung der alten Garde aus dem Kreml und die Öffnung zum Westen machten es möglich, daß sich ein italienisch-russisches Drehteam auf dem Manövergelände der Taman-Militärbasis 40 Kilometer vor Moskau einrichten konnte. Doch so leicht, wie sich der Film- Veteran Castellari die Produktion vorgestellt hatte, liefen die Filmarbeiten bei weitem nicht.

„Jonathan, der von den Bären stammt“, heißt, frei übersetzt, der Arbeitstitel des Projekts, für das Django-Darsteller Franco Nero und Floyd Westerman, bekannt durch den Costner-Film „Der mit dem Wolf tanzt“, als Hauptdarsteller gewonnen werden konnten. Die Nebendarsteller, die die zahlreichen Indianer mimen, entdeckte Castellari unter den Angestellten der Moskauer Botschaft der Mongolei und ihren Familien. „Unter Tadschiken, Kirgisen oder Mongolen finden sich leichter als in den USA die typischen Darsteller für die indianischen Rollen“, erklärte Castellari. Und außerdem gäben sie sich mit einer Tagesgage von 7 Dollar (12 Mark) zufrieden.

Der Regisseur räumt denn auch gleich ein, daß es finanzielle Gründe waren, die das Filmteam nach Rußland verschlugen. So erwies sich das Budget von acht Millionen Dollar (14 Millionen Mark) schon als viel zu hoch angesetzt. Neuere Kalkulationen bewegten sich bald nur noch in einer Größenordnung von 2 Millionen Dollar (3,4 Millionen Mark).

Doch seit Beginn der Dreharbeiten häuften sich die Hindernisse und Pannen derart, daß der Ausruf „Schnitt!“ zum meistgehörten Kommando auf dem improvisierten Filmgelände wurde.

Von Anfang an mußte auf Tonaufnahmen im Freien verzichtet werden, da der Lärm von startenden Militärmaschinen der nahen Basis alles übertönte. Nach sintflutartigen Regenfällen verwandelte sich die Prärie zudem in eine Sumpflandschaft, die scharenweise Moskitos anzog.

Der Bau des in jeder Pferdeoper notwendigen Western-Städtchens verzögerte sich nicht nur wegen der Unwetter. „Das Holz ist eben noch nicht geliefert worden“, bemerkt ein russischer Zimmermann knapp und wartet weiter. Er scheint sich um die zeitliche Einhaltung des Drehplans keine weiteren Sorgen zu machen. Als für Nachtaufnahmen der Bus mit den mongolischen Diplomaten endlich am Drehort eintraf und auch die berühmte „Taman“-Division der russischen Armee ihre Pferde für die Indianer-Szenen endlich zur Verfügung gestellt hatte, wurde Regisseur Castellari von einem Techniker informiert, daß der für die Beleuchtung notwendige Generator nur noch Diesel für zehn Minuten habe.

Während der italienische Regisseur trotz allem versucht, „cool“ zu bleiben, übt sich sein Landsmann „Django“ Nero weniger in Zurückhaltung. Gerade hatte ihm ein mongolischer Diplomaten-Indianer, der unversehens hoch zu Roß durch die Einstellung ritt, wieder einmal eine nicht ungefährliche Szene geschmissen, bei der Nero ein wildgewordenes Pferd bändigen sollte. „Die Russen haben weder Disziplin noch Zeitgefühl“, schimpfte der Star, der immerhin auf eine Western-Erfahrung von 20 Jahren zurückblicken kann. Außerdem wisse man nie, ob der Bus, der das Team transportieren soll, pünktlich ist oder der Fahrer betrunken. Glaubt man Franco Nero, ist der gute alte Spaghetti-Western offenbar dabei, sich zum „Wodka- Western“ zu wandeln. Paola Messana