■ Die Ergebnisse der Wiener Menschenrechtskonferenz
: Etwas mehr als nichts

Mißt mensch die Wiener Welt-Menschenrechtskonferenz der UNO an ihrer gestrigen Abschlußerklärung und den Entscheidungen der letzten zwölf Tage, ist das Ergebnis besser, als im Vorfeld zu befürchten Anlaß war. Weit stärker als bei anderen internationalen Konferenzen waren viele der teilnehmenden Diplomaten bis zuletzt unsicher, ob überhaupt ein gemeinsames Statement zustande kommen würde. Und dieses enthält neben zahlreichen unverbindlichen Floskeln und Formelkompromissen durchaus einige wichtige – im Konsens verabschiedete! – Beschlüsse. Deren Wert sich natürlich erst daran erweisen wird, ob sie zwischen den Aktendeckeln vermodern oder in praktische Schritte umgesetzt werden.

Statt des befürchteten Infragestellung bekräftigte die Konferenz ausdrücklich die universelle Geltung bislang international vereinbarter Menschenrechtsnormen. Hierauf hatten nicht nur die westlichen Regierungen, sondern auch die Nichtregierungsorganisationen (NGO's) aus dem Norden und dem Süden gedrängt. Natürlich gab es für die schließliche Zustimmung der Staaten, die sich wie etwa China noch während der Konferenz ausdrücklich gegen das Universalitätsprinzip ausgesprochen hatten, einen Preis zu zahlen: Die – von fast allen Ländern des Südens geforderte – Festschreibung des „Rechtes auf Entwicklung“ als ein Menschenrecht. Das ist ein großer Fortschritt.

Dieses zu einem frühen Zeitpunkt der Konferenz besiegelte diplomatische Gegengeschäft bewirkte eine gewisse Entkrampfung im bis dahin stetig eskalierenden Nord-Süd-Konflikt. Ermöglicht wurde dadurch die im Konsens – also auch mit den Stimmen der islamischen Staaten – erfolgte Aufforderung der Wiener Konferenz an die Genfer UNO-Menschenrechtskommission, eine Sonderberichterstatterin über Gewalt gegen Frauen einzusetzen. Sie soll ausdrücklich das Mandat erhalten, nicht nur frauenspezifische Kriegsverbrechen wie die in Bosnien begangenen Massenvergewaltigungen zu untersuchen, sondern auch Gewalt gegen Frauen im privaten Bereich. Dieser von den in Wien teilnehmenden Frauenorganisationen zu Recht als „historischer Meilenstein“ gefeierte Beschluß war allerdings der einzige konkrete zur Verbesserung der Präventions-, Durchsetzungs- und Überwachungsinstrumente im Bereich der Menschenrechte.

Hierin liegt der große Mißerfolg der Konferenz. Der Hochkommissar für Menschenrechte wurde nicht beschlossen. Die Einrichtung des Internationalen Menschenrechtsgerichtshofes an die UNO-Vollversammlung delegiert und damit auf die lange Bank geschoben. Zu den Erfolgen gehört, daß es den 5.000 NGO-VertreterInnen – darunter viele neue, gerade auch aus dem Süden – in Wien gelungen ist, trotz zahlreicher Behinderungen und Ausgrenzungen den Regierungen auf den Pelz zu rücken, sie mit ihren Lügen zu konfrontieren, und die auf Unterdrückung von Konflikten gerichtete Konferenzregie der UNO mehrfach durcheinander zu bringen. Mit der von den NGO's beschlossenen globalen Vernetzung, bei der Gruppen aus dem Süden eine stärkere Rolle spielen sollen als in der bisherigen internationalen Zusammenarbeit, gelingt dieses künftig hoffentlich noch häufiger und effektiver. Andreas Zumach