Mit Panzerwagen gegen die Zukunft

Schwerbewaffnete rechtsradikale Kommandos stürmen die Demokratieverhandlungen in Südafrika / Keine Verhaftungen – Polizei schaut zu / „Die Regierung ist illegal“  ■ Aus Johannesburg Willi Germund

Für Cyril Ramaphosa, Generalsekretär des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), war klar: „Die Regierung hat wieder einmal bewiesen, daß ihr die Fähigkeit und der Wille fehlt, Südafrikas Demokratisierung vor der extremen Rechten zu schützen.“ Colin Eglin von der Demokratischen Partei blies ins gleiche Horn: „Ich habe nach den Ereignissen das schlimme Gefühl, daß die Regierung von Präsident Frederick de Klerk nicht an friedlichen Verhandlungen über die Zukunft Südafrikas interessiert ist.“

Laut dem Staatschef höchstpersönlich waren etwa 1.000 Polizisten rund um das World Trade Center am Rande von Johannesburg stationiert, als rund 2.000 Mitglieder der neofaschistischen „Afrikaner- Weerstandsbeweging“ (AWB) gestern vormittag das Konferenzzentrum stürmten. Und die Polizei, oft genug im Verdacht rechtsextremer Neigungen, stand sprichwörtlich Spalier, als die rechtsradikalen Demonstranten mit einem gepanzerten Wagen als Rammbock die Glasfront des Gebäudes durchbrachen.

Doch der politische Zorn hinderte Ramaphosa und seinen Kollegen Joe Slovo von der Kommunistischen Partei nicht, während des Überfalls Schutz im Büro der regierenden Nationalpartei zu suchen. „Wenn ihr Schüsse hört, werft euch auf den Boden“, lautete hinter Barrikaden aus Schreibtischen und Computern der Rat der Leibwächter der Regierungsseite.

Derweil stürmten Mitglieder der AWB-„Vatergarde“ in pechschwarzen Uniformen und mit Schnellfeuergewehren durch die Räume des Gebäudes. „Wir suchen ein paar Leute“, verkündete ein Mitglied der paramilitärischen Elite-Kommandos hinter seiner Skimaske. Nach zwei Stunden bliesen die AWBler zum geordneten Rückzug, nicht ohne zuvor Parolen wie „Tötet die Kaffern!“ an die Wände gesprüht und eine Petition mit der Forderung „Selbstbestimmung für unser eigenes Volk“ übergeben zu haben. Der selbstgebaute gepanzerte Wagen wurde weggefahren, über tausend Demonstranten in khakifarbenen Uniformen kletterten fahnenschwenkend in bereitstehende Busse. Verkehrspolizisten regelten den Verkehr, während sie feiernd und singend nach Hause fuhren.

Verhaftet wurde niemand. Nicht einmal eine einzige Tränengaspatrone, bei Demonstrationen schwarzer Südafrikaner immer schnell im Einsatz, wurde verschossen. Aber in dem Gebäude, in dem seit Monaten 26 Parteien über die nächsten Schritte in der Demokratisierung Südafrikas beraten, versuchte General Constand Viljoen, die politischen Scherben zusammenzukehren. Der ehemalige Chef der südafrikanischen Steitkräfte und heutige Führer der rechtsradikalen Sammelbewegung „Afrikaaner Volksfront“ erklärte: „Solche Aktionen schaden uns nur.“

„Wir haben die Aktion geplant“

Doch sein Nebenmann Ferdi Hartzenberg, der Vorsitzende der Konservativen Partei, erklärte: „Wir hatten die Aktion geplant, weil am Freitag ursprünglich der Wahltermin festgesetzt werden sollte. Unsere Botschaft ist jetzt klar: Wir verlangen einen sofortigen Stopp der Verhandlungen.“ Und er fügte hinzu: „Wer glaubt, uns an den Rand drängen zu können, weiß jetzt, was ihm blühen könnte.“

Eine unverhüllte Drohung, wie sie in ähnlicher Form aus den Reihen der extremen Rechten seit Wochen immer wieder zu hören ist. Staatspräsident Frederick de Klerk erklärte gestern zwar, die Vertreter der Afrikaaner Volksfront hätten bei einem Gespräch vor zwei Wochen zugesichert, sich bei ihren Protesten gegen die Demokratisierung auf legale Mittel zu beschränken. Aber Robert von Tonden, Vorsitzender der ebenfalls rechtsradikalen „Boerestat Partei“, erklärte: „Die Regierung ist illegal, weil sie die Verfassung verrät und Südafrika an die Schwarzen ausliefert. Wir haben das Recht auf unserer Seite.“