Neues Geld: Litas statt Talon und Rubel

■ Litauen führt eine eigene Währung ein und steigt ganz aus der Rubelzone aus

Berlin (taz) – Nach Estland und Kirgistan hat Litauen als dritte Ex- Sowjetrepublik endgültig die Rubelzone verlassen. Die baltische Republik führte gestern den Litas als nationale Währung ein. Der Litas – so hieß bereits vor dem Zweiten Weltkrieg die litauische Landeswährung – löst den im Oktober 1992 eingeführten provisorischen Talon ab, der nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion der litauischen Staatsbank zunächst ermöglichte, zusätzlich zu den Rubeln, welche die russische Zentralbank in Moskau und St. Petersburg drucken läßt, eigenes Geld in Umlauf zu bringen.

Nach den von der Staatsbank festgesetzten Kursen entspricht ein US-Dollar 4,50 und eine D-Mark 2,66 Litas. 100 Rubel werden gegen 0,41 Litas verkauft. Bis zum 20. Juli können die provisorischen Taloni ohne Begrenzung im Verhältnis 100:1 gegen Litas eingetauscht werden. Danach gilt nur die neue konvertierbare Währung als Zahlungsmittel in Litauen. Der Litas wird von litauischen Goldreserven aus der Zwischenkriegszeit (acht Tonnen), von einem bei der litauischen Staatsbank angesparten Devisenfonds und von internationalen Krediten in Höhe von mehreren hundert Millionen US-Dollar gedeckt und hat damit vergleichsweise gute Chancen, eine relativ stabile Währung zu werden.

Wenn bis Ende des Monats auch Lettland endgültig den Lat zum einzigen Zahlungsmittel gemacht haben wird, ist das gesamte Baltikum rubelfreie Zone. Bis auf Kasachstan, Tadschikistan und Usbekistan gibt es in den übrigen einst sowjetischen Republiken überall Bestrebungen, eigene Währungen einzuführen (s. Tabelle); häufig sind bereits Parallelwährungen eingeführt. Die Gründe, die inzwischen auch der Internationale Währungsfonds (IWF) mit Stabilisierungs-Krediten bei Einführung der neuen Währungen unterstützt, sind überall gleich: die russische Zentralbank teilte oder teilt den 14 übrigen Republiken sehr knappe Rubel-Bargeldmengen zu. Die rasende Inflation in Rußland schwappt aber automatisch mit der gemeinsamen Währung auch in die Republiken und behindert dort die ohnehin schwierige Politik des Übergangs von der Plan- zur Marktwirtschaft.

Daß das Drucken eigenen Geldes jedoch nicht zum Allheilmittel für siechende Volkswirtschaften taugt – diese leidvolle Erfahrung machen vor allem die Ukrainer. Ihre Regierung führte als erste eine Kupon-Währung parallel zum Rubel ein und stieg am 12. November 1992 auf die Zwischenwährung Karbowanez um. Aber weil es keine ausreichenden Gold- und Devisenreserven gibt, die Produktionszahlen weiter zurückgehen, und auch die Wirtschaftsprogramme der Regierung bislang den IWF nicht zum finanziellen Beistand überzeugen konnte, befindet sich der Karbowanez im freien Fall. Sogar gegenüber dem russischen Rubel verliert sein Kurs stetig an Wert. Donata Riedel