Verhandlungen über Bosnien in Sarajevo?

■ Dort sollen die Unterhändler auch mit Präsident Izetbegović zusammenkommen / Hat Präsidiumsmitglied Abdic Teilung Bosniens bereits zugestimmt?

Genf (taz) – Die beiden Jugoslawien-Unterhändler von UNO und EG, Thorvald Stoltenberg und David Owen, werden voraussichtlich heute oder morgen in der kroatischen Hauptstadt Zagreb, in Sarajevo oder an einem anderen Ort in Bosnien mit dem gesamten bosnischen Präsidium – und damit auch mit Präsident Alija Izetbegović und seinem Vize Ejup Ganic – zusammentreffen. Thema der Verhandlungen sind die von Serben und Kroaten verfolgten Pläne einer Dreiteilung Bosniens. Möglicherweise findet das Treffen der Unterhändler mit dem kompletten Präsidium aber auch erst nach einer für Donnerstag in Genf anberaumten Sitzung des Leitungsausschusses der Jugoslawienkonferenz statt. In diesem Ausschuß sind die fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates, die EG- Troika, die Nachbarländer des ehemaligen Jugoslawien sowie stellvertretend für die Islamische Konferenz der Sudan vertreten.

Offiziell verlautete über den Verlauf des gestrigen Treffens der sieben bosnischen Präsidiumsmitglieder mit Stoltenberg und Owen zunächst nichts. Doch informell wurde bekannt, daß sich die sieben Präsidiumsmitglieder nicht endgültig zu den neun serbisch-kroatischen Verfassungsprinzipien für eine aus drei ethnischen Republiken bestehende bosnische Konföderation äußerten und auf Beratungen des kompletten Präsidiums bestanden. Zudem lehnten sie das Ansinnen von Owen und Stoltenberg ab, vorher in Genf direkt mit dem bosnischen Serbenführer Radovan Karadžić und Kroatenchef Mate Boban zusammenzutreffen. Izetbegović und Ganic hatten an den Beratungen des Präsidiums und auch an dessen Begegnungen mit der Troika der EG-Außenminister am letzten Samstag in Brüssel nicht teilgenommen.

Die Präsidiumsmitglieder bestehen zudem darauf, neben den Verfassungsprinzipien der Serben und Kroaten auch deren genaue Vorstellungen für die geographische Aufteilung Bosniens zu erfahren. Bis gestern hatten Karadžić und Boban jedoch noch keine Landkarten vorgelegt. Zwischen Serben und Kroaten gibt es immer noch einige Differenzen über die genaue territoriale Aufteilung.

Für die Unsicherheit über den Ort des geplanten Treffens zwischen Owen und dem kompletten bosnischen Präsidium wurden in Genf gestern „Sicherheitsgründe“ genannt. Izetbegović und Ganic wollen das Treffen offensichtlich am Flughafen in Sarajevo durchführen. Einige Mitglieder des Präsidiums, darunter vor allem der als Izetbegovićs Gegenspieler geltende Muslim Fikret Abdic, möchten einen Flug nach Sarajevo jedoch lieber vermeiden, weil sie um ihre Sicherheit fürchten. Es gibt zahlreiche Indizien, daß Abdic, der sich in den letzten zwei Wochen mehrfach alleine mit Owen und Stoltenberg getroffen hatte, diesen seine Zustimmung zu den serbisch- kroatischen Dreiteilungsplänen längst signalisiert hat. Andreas Zumach