Hilflose Helferinnen

■ Laienhelferinnen bekommen Rat im Umgang mit Altersverwirrten

Die Nachbarschaftshelferin weint: Erst hat der 80jährige Herr M. sie nachts aus dem Bett geklingelt und Trost verlangt,dann hat er sie beschuldigt, ihm Geld geklaut zu haben und nun fragt er alle fünf Minuten nach der Uhrzeit. Die Helferin kann nicht mehr, heulend fährt sie ins Dienstleistungszentrum zurück. So hat sie sich den Dienst an alten Menschen nicht vorgestellt, schon gar nicht für zehn bis zwölf Mark in der Stunde.

Die Fluktuation unter den etwa 3.800 Laien-Helferinnen in der Stadt Bremen ist groß: Von 100 sind nach einem Jahr nur noch 70 da. Pech für die alten Menschen, die werden noch mißtrauischer. Um die Laien-Helferinnen zu unterstützen, hat der Paritätische Wohlfahrtsverband ein zweijähriges Projekt gestartet: In Burglesum und Grambke geben seit April eine Pädagogin, eine Sozialpädagogin und eine Familientherapeutin Kurse in der Betreuung von verwirrten alten Menschen, fahren auch mal mit zu „schwierigen Klienten“ und geben Tips. „Wenn ich weiß, daß es an der Alzheimer-Krankheit liegt, daß mich der Klient alle fünf Minuten nach der Uhrzeit fragt, daß er es also schon wieder vergessen hat und mich nicht etwa nerven will, dann kann ich doch viel gelassener reagieren und auch eine Distanz aufbauen“, erklärt Diplom-Pädagogin Beate Brokmann. Bezahlt werden die drei Fachkräfte aus der ARD-Fernsehlotterie und der Stiftung Dr. Heines.

Am anstrengendsten sind die KlientInnen zu Beginn ihrer Altersverwirrung: Sie können ihre eigene Vergeßlichkeit noch nicht akzeptieren, sagen dann lieber „Sie haben die Börse geklaut“ als „Ich habe die Börse verlegt“. Ein wichtiger Lernschritt für die Helferin: Sie sollte die Klientin nicht „auf Linie“ bringen wollen, sie also dauernd berichtigen, sondern auch in ihrer eigenen Welt akzeptieren, in der eben Geldbörsen geklaut und nicht verlegt werden.

Fast jeder vierte alte Mensch ist „psychisch verändert“ oder psychisch krank. Hinter der geläufigen Bezeichnung „altersverwirrt“ verbergen sich dabei die unterschiedlichsten Krankheitsbilder: von Schlaganfall bis Depressionen durch soziale Isolation. Die Zahl der Altersverwirrten an sich steigt nicht, doch immer mehr Altersverwirrte werden nicht mehr in der Familie versorgt. Sie werden entweder in Heime eingewiesen oder eben zuhause von Nachbarschaftshelferinnen und Zivildiensleistenden betreut — auf eigene Kosten oder vom Sozialamt bezahlt. cis