Der Lippenstift ist out

■ top '93 – Was läuft auf der Düsseldorfer Frauenmesse vom 1. -4. Juli?

Der rosa Lippenstift hat ausgedient. Und wie das Signet vom vergangenen Mal, so hat sich auch das Motto für die diesjährige Frauenmesse top '93 gewandelt. Hieß es vor zwei Jahren noch euphorisch „Frauen sind Spitze“, so ist es diesmal nur „Wieder ein ganz großer Schritt nach vorn. Frauen machen Messe und Kongreß... und die Männer machen mit.“ Schön wär's. Die Zeiten in der Wirtschaft sind nicht mehr rosig, schon gar nicht für Frauen. Da geht's jetzt eher ungeschminkt zu.

Um Frauenförderung in allen Lebenslagen und Gesellschaftsbereichen dreht sich die top '93, die vom 1. bis 4. Juli in Düsseldorf stattfindet. Im Programmheft liest sich die Reihenfolge aus der Sicht der Schirmfrau, Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth, so: „Die modernen Frauen haben sich emanzipiert vom alten Rollenklischee: Sie sind Partnerin, Mutter, Hausfrau und außerdem auch Mitarbeiterin oder Chefin, oft auch alles zugleich.“ Rund 300 AusstellerInnen präsentieren in den Düsseldorfer Messehallen, was sie für Frauen leisten und was Frauen leisten: Personalpolitik, berufliche Förderung, Aus- und Weiterbildung, Wiedereinstieg in den Beruf, Existenzgründung oder Dienstleistungen. Angefangen von einigen wenigen Top-Unternehmen über Verbände, Organisationen, Parteien, Institutionen bis hin zu Fraueninitiativen. Veranstalter sind wie gehabt die Düsseldorfer Messe NOWEA, die Helga-Stödter-Stiftung zur Förderung von Frauen für Führungspositionen und die Schule der Manager des Rationalsierungs-Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft RKW. Wo bei Cebit oder Hannover Messe Industrie die Herren Kanzler, Wirtschafts- oder Forschungsminister sich drängeln, da kommen zur top '93 aus Bonn eben die Frauen- und Justizministerin. Parallel zur Messe findet ein Kongreß mit rund 50 Workshops, Symposien und Weiterbildungskursen statt.

Die Ausstellerliste läßt auch 1993 nicht auf einen radikalen Bewußtseinswandel schließen. Großunternehmen wie die Daimler- Benz AG, BMW, Siemens-Nixdorf oder Volvo machen nicht mehr mit. VW hat in letzter Minute abgesagt. Angesichts der aktuellen Entlassungswelle könne man nicht auf eine Messe gehen und Frauen werben, begründete das Unternehmen den plötzlichen Entschluß. „Bei den Ausstellern ist nach wie vor eine Schieflage von zahlreichen Organisationen zur Wirtschaft. Die haben heute mit anderen Problemen zu kämpfen“, gibt Fritz-Otto Thielmann von der Düsseldorfer Messe unumwunden zu. „Es ist verdammt schwer, Unternehmen jetzt klarzumachen, mit der top in die Zukunft zu investieren. In Zeiten wirtschaftlicher Stagnation sind Firmen einfach weniger bereit, sich für die Belange von Frauen einzusetzen.“ Obwohl nicht auf Rosen gebettet, verspricht sich zumindest Philips etwas von der Frauenmesse und ist auch als Sponsor wieder mit dabei. Ihnen nämlich fehlten Ingenieurinnen, so Gabriele Hoffmeister- Schönfelder, Leiterin des Projektes „Frauen in Führungspositionen“ der Philips GmbH. Henkel ist der Messe treu geblieben, an großen Namen die Telekom, Porsche, ARAG, und auch die Deutsche Bank ist aufgewacht.

So manchem Unternehmen scheint aber auch dieses Jahr das Angebot wieder zu diffus, der Nutzen zu wenig greifbar zu sein. Bereits 1991 mußte sich die top die Kritik des Gemischtwarenladens gefallen lassen. Gabriele Zimmermann vom RKW sieht dagegen die Idee der gesamten Bandbreite von Fraueninteressen repräsentiert. „Wenn ich das eingrenze, kann ich gleich nur einen Kongreß machen.“ Und der Vorschlag von Fritz-Otto Thielmann von der NOWEA, daß „das Unternehmen halt einen Stand machen muß, um seine Zielgruppe zu finden“, hilft ebenfalls nicht weiter bei der Suche nach dem Profil der Messe. Im Zeitalter der immer spezifizierteren Fachmessen jedoch sind klare Konturen unabdingbar. Kein Messeveranstalter würde ernsthaft das Konzept vertreten, eine Messe für den Mann als solchen anzubieten. Nichts zeigt deutlicher den Stand der Chancengleichheit in diesem Land, als die Tatsache, daß es kurz vor dem 21. Jahrhundert nötig ist, eine Messe für Frauen in der Tradition der Weltausstellung des 19. Jahrhunderts zu inszenieren.

Ginge es etwa eindeutig um Frauenförderung ab dem mittleren Management, würde es den meist männlichen Vorgesetzten vermutlich eher einleuchten, der Mitarbeiterin die Messekarte zu finanzieren und zur Dienstreise ja zu sagen. Bei der top '91 nämlich haben 90 Prozent der Frauen ihre Teilnahme aus eigener Tasche bezahlt. Und auch 1993 kommen die Anmeldungen zu mehr als der Hälfte von privaten Absenderinnen, aber immerhin sind 45 Prozent Anmeldungen von Frauen. Die Frauen an der Spitze haben sich 1991 ohnehin rar gemacht. „Den Begriff ,Frauen in Führungspositionen‘ haben wir diesmal weit ausgelegt: Frauen, die Verantwortung tragen. Das sind auch Sekretärinnen, die Stabsstellen“ besetzen, schraubt Mitveranstalterin Helga Stödter den Anspruch zurück. Auch eher hausbacken wirkt das Tuch zur Frauenmesse. Motiv: die geteilte Frau zwischen Kinderwagen und Aktentasche. Angelika F. Pfalz