■ Das Portrait
: Fikret Abdić

„Ich habe Bihać gerettet und natürlich auch Vorstellungen für die Neuordnung Bosniens.“ Voller Selbstbewußtsein reagierte der Muslim Fikret Abdić in Genf auf die Frage, warum er sich mehrfach stundenlang alleine, ohne seine Kollegen aus dem bosnischen Präsidium, mit den Unterhändlern von UNO und EG getroffen hatte. Informationen, wonach er Owen und Stoltenberg bereits seine Zustimmung zu den serbisch-kroatischen Plänen für die Dreiteilung Bosniens signalisiert habe, dementierte Abdić allerdings heftig.

Das Mitglied des bosnischen Präsidiums hat gute (Geschäfts-)Beziehungen zu Serben und Kroaten Foto: Reuter

Gründe für Abdićs Selbstbewußtsein gibt es viele. Schon im ehemaligen Jugoslawien hatte er als Mitglied des Zentralkomitees der KP eine starke Position. Seine Hausmacht war der in den siebziger und achtziger Jahren aufgebaute Landwirtschaftskonzern Agrokomerc im nordwestbosnischen Velika Kladusa, eines der größten jugoslawischen Unternehmen. Als Agrokomerc- Generaldirektor kontrollierte Abdić die regionale Parteigliederung, die Polizei und die örtlichen Medien.

1987 bescherte das Unternehmen Jugoslawien den größten Finanzskandal seiner Nachkriegsgeschichte. Ungedeckte Wechsel in Höhe von einer Milliarde Dollar flogen auf. Sechstausend Beschäftige verloren ihren Job. Abdić kam wegen Betrugs ins Gefängnis.

Das tat seiner Popularität in der Region Bihać kaum einen Abbruch. Seit Beginn des Krieges im April 1992 sorgte er dafür, das die Versorgungslage der Bevölkerung dort weitaus besser ist als im übrigen Bosnien.

Abdić gilt als sehr viel „kooperativerer“ Gesprächspartner für EG und UNO als der auf dem Erhalt des bosnischen Einheitsstaates bestehende Präsident Alija Izetbegović. Doch der vor allem von Lord Owen betriebenen Strategie, Izetbegovićs angeschlagene Autorität weiter zu untergraben und Abdić aufzuwerten, hat zumindest zunächst einen Rückschlag erfahren. Vergangene Woche wurde Abdić erneut finanzieller Unregelmäßigkeiten beschuldigt. Diesmal soll er Millionen von Schilling, die er zur Unterstützung bosnischer Flüchtlinge gesammelt hatte, für andere Zwecke verwandt haben. Andreas Zumach