Erster Transport nach Sellafield

■ Gundremminger AKW liefert als erstes Brennstäbe nach England

Gundremmingen (taz) – Zum ersten Mal sind abgebrannte Brennelemente zur Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Sellafield (England) unterwegs. Am vergangenen Montag ging ein Zug vom AKW Gundremmingen ab, berichten Greenpeace und die „Mahnwache Gundremmingen“. Die neue englische Atomanlage THORP in Sellafield ist zwar seit knapp einem Jahr fertiggestellt, jedoch noch nicht genehmigt. Selten zuvor hat es gegen eine atomare Einrichtung so massive Bedenken gegeben. Würde diese WAA in Betrieb gehen, so Greenpeace, müßte im Normalbetrieb mit einer Radioaktivitätsfreisetzung von 27,5 Millionen Curie jährlich gerechnet werden. Zum Vergleich: Beim GAU von Tschernobyl wurde die Umwelt nach offiziellen Angaben mit 50 Millionen Curie verstrahlt. Die extrem hohe Strahlenbelastung durch THORP in Sellafield ist auch der Grund dafür, daß sich mit Ausnahme Englands alle europäischen Mitgliedsstaaten der Pariser Kommission zur Abwehr der Meeresverschmutzung (PARCOM) gegen die Inbetriebnahme der WAA ausgesprochen haben.

Die „Mahnwache Gundremmingen“, deren Mitglieder seit über vier Jahren jeden Sonntag eine Mahnwache vor den Toren des Atomkraftwerkes Gundremmingen abhalten, wollen weitere Transporte ebensowenig hinnehmen wie das „Bündnis Schutz vor MOX“, Greenpeace, Grüne und andere Atomkraftgegner. „Die Züge fahren quer durch Deutschland, Frankreich und England, durchfahren Stuttgart, Saarbrücken, London und viele andere Städte“, gibt Atomexperte Roland Ripp zu bedenken. Trotz aller gegenteiligen Behauptungen seien die Transportbehälter gegen Unfälle nicht hinreichend gesichert. Und die Kanalfähren stellen eine weitere Gefahrenquelle dar. Der Landtagsabgeordnete Raimund Kamm von den bayerischen Grünen fragte: „Spielt denn Gundremmingen schon wieder einmal den Vorreiter, um in England vollendete Tatsachen zu schaffen?“ In dem AKW versuchen die Betreiber seit Jahren, weltweit erstmals im großen Stil den Einsatz von plutoniumhaltigen MOX-Brennstäben in einem Siedewasserreaktor durchzuboxen. Klaus Wittmann