SPD „bewegt sich“ bei UN-Einsätzen

■ Klose kündigt geschlossene Ablehnung der Somalia-Mission an, will aber „Beschlußlage der Partei“ weiterentwickeln

Bonn (taz) – Hans-Ulrich Klose ist kein Freund von Auftritten vor Journalistenrunden. Denn schon kurz nach seinem Amtsantritt mußte der Vorsitzende der SPD- Bundestagsfraktion die Erfahrung machen, daß sie unerwartet folgenreich sein können. Damals reiste Parteifreund Oskar Lafontaine kurzentschlossen aus Saarbrücken an, um abends vor der Fraktion Satisfaktion für eine kritische Anmerkung zu fordern, die Klose am Morgen gewagt hatte. Wenn der Fraktionschef, wie gestern, zum Pressefrühstück einlädt, dann berechnet er die mögliche Wirkung vorher vermutlich genau. Und wenn dpa eine Stunde später meldet: „Klose und Scharping: SPD- Kursänderung bei Kampfeinsätzen“, dann dürfte ihn das nicht überrascht haben, auch wenn es so dramatisch gar nicht war.

Am Dienstag abend hatte die Fraktion über ihr Abstimmungsverhalten bei der bevorstehenden Somalia-Entscheidung des Bundestags debattiert. „Mit ganz großer Mehrheit“, berichtete Klose, bei nur zehn Enthaltungen, hat sich die Fraktion der Empfehlung des Fraktionsvorstandes angeschlossen, am Freitag mit Nein zu stimmen. Erwartungsgemäß, denn obwohl sicher mehr als zehn sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete dem Einsatz in Somalia etwas abgewinnen können, gilt doch für die weit überwiegende Mehrheit der Grundsatz, daß Bundeswehreinsätze auf unklarer Verfassungslage untragbar sind. Nach dem Eindruck des Fraktionschefs habe sich in der Diskussion gezeigt, daß es „eine relativ breite Stimmung für eine Weiterentwicklung der Beschlußlage der SPD“ gegeben. Die klassische Unterscheidung in friedenerhaltende und friedenschaffende UNO- Maßnahmen, auf der der Bonner Parteitagsbeschluß von November 92 beruhe, lasse sich angesichts der UN-Praxis nicht mehr durchhalten. Unwidersprochen, so Klose weiter, hätten Vorsitzender Scharping und er vor der Fraktion vertreten: „Wir werden uns in dieser Frage bewegen müssen.“ Jedoch: anders, als die Regierung es wolle. Die Frage nach militärischen Einsätzen müsse in den Zusammenhang der „neuen Sicherheitsarchitektur“ der künftigen deutschen Außenpolitik eingeordnet werden. Bei internationalen Krisen müsse es ein „Interventionsmonopol“ der Uno geben.

„Relativ einmütig“ sei auch die Arbeitsgruppe Außenpolitik der Fraktion der Auffassung, daß die Positionen weiterentwickelt werden müßten, sagte Karsten Voigt, außenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, der taz. Die Kategorisierung der Einsatzarten sei durch die veränderte Praxis der UNO überholt. Der verfassungsrechtliche Streit sei bald zu Ende, dann müsse politisch von Fall zu Fall entschieden werden, „möglichst mit erhöhtem Quorum im Parlament“. Der Bundestagsabgeordnete Detlev von Larcher, Sprecher der Parlamentarischen Linken, wollte die Fraktionssitzung nicht überinterpretiert sehen. Am Dienstag sei es um das Abstimmungsverhalten am Freitag gegangen. Die Linken hätten sich zurückgehalten. Er wäre „begeistert“ gewesen, wie Scharping und Klose für ein Nein geworben hätten. Von Larcher rechnet allerdings damit, daß es auf dem bevorstehenden Parteitag im November zur erneuten Diskussion dieses Themas kommt. Tissy Bruns