Was passiert mit dem Gift?

■ Bakterien sanieren verseuchten Boden — aber niemand weiß wie

Bakterien als Schadstoff-Killer für verseuchte Böden sind inzwischen Realität. Mikroben werden eingesetzt, um Schadstoffbelastungen in Böden zu neutralisieren. Beim Einsatz der Bakterien ergeben Messungen hinterher oft ein Verschwinden der Schadstoffe. Häufig wissen allerdings die Anwender nicht, wie dieser Prozeß geschieht. Die Erforschung dieser Vorgänge ist Ziel einer Arbeitsgruppe an der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Bernd Mahro, Mikrobiologe aus dieser Gruppe, sprach letzte Woche am Zell-und Molekularbiologischen Seminar der Uni Bremen über „Leistungsfähigkeit abbauaktiver Mikroorganismen bei der PAK (polyaromatische Kohlenwasserstoff)-Bodensanierung“.

PAK sind stark krebserregende Stoffe, die oft als Altlasten von Kokereien oder Gaswerken den Boden verseuchen. „Man kann nicht einfach Bakterien auf ein Feld setzen und sich freuen, wenn der Schadstoff verschwindet“, sagt Mahro. Es müsse erforscht werden, was mit dem Stoff passiere. Bisher habe man angenommen, daß die Bakterien die Stoffe völlig „veratmen“, also umsetzen. Laboruntersuchungen mit radioaktiven Meßmethoden, die von den kommerziellen Nutzer-Firmen nicht angewandt werden können, zeigten aber, daß manche Gifte nur partiell abgebaut würden. An der Frage, ob diese Reststoffe gefährlich sind, „entscheidet sich die Zukunft der biologischen Bodensanierung“, sagt Mahro. Denn wozu Geld in eine Methode investieren, sagen Kritiker,die sich hinterher möglicherweise gar nicht als Sanierung darstellt?

Möglicherweise seien solche „anverdauten“ Schadstoffe sogar toxischer als die Ausgangsstoffe, lautet die Befürchtung. Mahros Hypothese ist allerdings eine andere: „Wir denken, daß die Schadstoffe von den Bakterien in den Humus so eingebaut werden, daß sie mit der Zeit von anderen Stoffen „eingemauert“ und dadurch nicht mehr toxisch sind.“

Die Frage, was die Bakterien mit den Schadstoffen anstellen, ist im Labor größtenteils beantwortet, meint Mahro. „Im Schüttelkolben im Labor geht das ganz glatt, da kommt neben Biomasse nur Kohlendioxid und Wasser raus.“ Was aber im Boden wirklich geschieht, bleibt bisher im Dunklen.

Mahro plädiert für eine verstärkte Forschung in diesem Bereich. Das sei auch nötig, um die Idee der biologischen Sanierung zu retten. Denn es gebe durchaus Stimmen, die der biologiscen Methode aus dieser Unsicherheit einen Strick drehen wollten: „Viele meinen, man sollte die kontaminierten Böden doch lieber verbrennen. Im schlimmsten Fall passiert dann überhaupt nichts mit den Böden, die Leute ziehen eine Spundwand drumherum und fertig.“

Bernhard Pötter