Dem Opferverband „Help“ droht die Pleite

■ Die Beratungsstelle für Opfer des Stalinismus und der SED wird möglicherweise zwangsgeräumt / Vier ABM-Stellen sind ausgelaufen, Senat strich die Zuschüsse

Die Beratungsstelle „Help e.V.“, die Opfern des Stalin- und SED-Regimes seit Sommer 1990 bei Rehabilitations- und Haftentschädigungsproblemen hilft, steht kurz vor der Pleite. Wie Alexander Hussock, Vorsitzender des Vereins mitteilte, droht der Einrichtung möglicherweise die Zwangsräumung im ehemaligen Mielke- Hauptquartier – Haus 1 – in der Ruschestraße 59. Denn sie haben nicht einmal mehr genug Geld in der Kasse, um die 4.000 Mark Betriebskosten des Jahres 1992 an den Hausherrn, die Oberfinanzdirektion zu bezahlen. Im Frühsommer liefen auch die vier ABM-Stellen aus.

Die Beratungen werden jetzt nur noch von einer Sozialarbeiterin und von ehrenamtlichen Mitarbeitern durchgeführt, und der umfangreiche Schriftverkehr mit den Behörden wächst den Verbliebenen über den Kopf, da sie keine Sekretärin mehr haben. „Wir brauchen dringend Geld und die ABM- Stellen“, sagt Hussock, denn pro Jahr nehmen über 1.000 Menschen das Betreuungsangebot in Anspruch. Seit kurzem kommen auch „Opfer des Faschismus“ in die Beratungsstelle, die während der DDR-Zeit ein zweites Mal diskriminiert wurden, beispielsweise nach den Slansky-Prozessen im Jahr 1952.

In die Finanzkatastrophe rutschte der Verein, nachdem der Senat im vorigen Jahr die Betreuung von ehemaligen politischen Häftlingen nicht mehr für unterstützenswert hielt. Zwar hat der Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses am 26. Mai eine dringliche Beschlußempfehlung der FDP angenommen, wonach die Opferverbände (darunter auch der Bund Stalinistischer Verfolgter und die Forschungsstelle und Gedenkstätte ASTAK) ihre Arbeit weiterführen sollen, bloß versprach er keineswegs damit die dringend notwendige Staatsknete. Vielmehr sollen die Verbände bis zum 31. August einen „Bericht“ vorlegen, der dann wiederum in den Ausschüssen und mit unbekanntem Ergebnis geprüft wird. „Das kann sich Monate hinziehen“, sagt Hussock, „und derweil sind wir zwangsgeräumt, weil wir die Schulden des Vorjahres nicht aufbringen konnten.“

Der einzige Politiker, der „Help“ jemals mit einer Spende bedacht hat, ist Wolfgang Ullmann von Bündnis 90/Grüne. Nachdem er im März das Hilfsangebot und die Arbeitsmöglichkeiten von „Help“ überprüft hatte, übergab er Hussock eine Spende von 6.000 Mark. Durch die Sparpolitik des Senats drohe „der Verlust einer unersetzlichen Einrichtung“, erklärte er. „Die persönliche Erfahrung und Betroffenheit der Initiatoren der Opferverbände ist eine kostbare Bereicherung der politischen Bildungsarbeit“.

Mit dieser Einschätzung stehe Ullmann offensichtlich mehr oder minder allein da, sagt Hussock. Weder vom Verkauf der Berliner Mauersegmente erhielt „Help“ einen Pfennig, noch von der Stiftung Klassenlotterie. Ein entsprechender Antrag wurde im vergangenen Dezember abgelehnt. Auch Bußgelder sind bisher noch nie auf dem Konto eingelaufen, obwohl der Verein seit über einem Jahr in der Bußgeldliste beim Präsidenten des Berliner Landgerichts aufgeführt ist, die allen 170 Richtern vorliegt. „Jetzt bleibt uns nur noch das Engagement gutwilliger Bürger“ konstatiert Hussock bitter. Anita Kugler