Ein Zug, der in die Knie geht

■ Ausstellung zum "Olympia Expreß 2000": Fünf Hochschulen zeigen wegweisende Verkehrskonzepte / Ideen, die nicht auf eine Olympiade in Berlin angewiesen sind

Die Bewerbung Berlins um die Olympischen Spiele hat endlich etwas Gutes: Auf Initiative des Internationalen Design Zentrums Berlin (IDZ) erarbeiteten fünf Hochschulen ein „integriertes Verkehrskonzept“ für den Olympia-Expreß, der einmal gemeinsam mit speziellen Zubringerbussen Sport- und Wohnstätten, sowie Medienstandorte miteinander verbinden soll. Und die Designer, deren Prototypen in der Messehalle 10 unter dem Funkturm ausgestellt sind, haben vorausschauend gearbeitet – die Konzepte sind auch für den wahrscheinlichen Fall zu gebrauchen, daß Berlin den Zuschlag für die Spiele nicht bekommt.

Weil das wichtigste Kernstück des Verkehrskonzeptes der Olympia GmbH der Regionalzug „Olympia-Expreß“ ist, haben die insgesamt 63 beteiligten Studenten aus Darmstadt, Pforzheim, Schwäbisch Gmünd, Burg Giebichenstein und Zürich sich neben Bussen und Bahnhöfen vor allem mit der Gestaltung von S-Bahn und Regionalzügen beschäftigt. Neun Modelle, davon zwei in Originalgröße, sind in der Messehalle ausgestellt – die Kosten von den Sponsoren AEG, AMK, ABB, Daimler Benz, Deutsche Reichsbahn (DR), DWA und Siemens getragen.

Der Besucher kann in zwei gelb- weiß lackierten Waggons, einen „normalen“ und einen doppelstöckigen, einsteigen. Nur losgefahren wird nicht. Ungewöhnlich sind vor allem die asymmetrische Anordnung der Sitze, die großen Fensterflächen und die beiden Etagen im Doppelstockwagen, in denen sich allerdings Basketballsportler die Köpfe an der Decke stoßen werden. Ein Mangel, denn der Olympia-Expreß soll neben VIPs und Medienvertretern auch Sportler zwischem Olympischen Dorf in Ruhleben und dem Dorf für die Olympische Familie an der Rummelsburger Bucht hin- und herbewegen.

Wegweisend sind nicht nur die Inneneinrichtungen, die ohnehin kurzfristig verändert werden könnten, sondern vor allem die Ideen, die Bernd Meurer und Helmut Staubach (Fachhochschule Darmstadt) mit ihren Studenten ausgearbeitet haben. Sie wollten den Bedürfnissen der Fahrgäste – auf Grund der den Olympischen Spielen folgenden Paralympics sind insbesondere die Anliegen behinderter Menschen beachtet worden – weitgehend gerecht werden und auch den Anforderungen der späteren Betreiber der Züge.

Eine originelle Idee kommt von den Studenten Markus Friebe, Andreas Klober und Detlef Rhein: Ihr blaufarbenes Zugmodell kann sich – ähnlich den Autos der französisischen Marke Citroen – anheben und absenken. Bahnsteigkanten stellen damit kein Problem mehr dar: Kinderkarren müssen nicht mehr hochgehoben werden, für Rollstuhlfahrer entfällt eine mühsame Kante, und Fahrgäste können ebenfalls bequemer und schneller ein- und aussteigen. Die Mehrkosten für den technischen Aufwand könnten sich relativieren, sagte Meurer der taz, weil dieser Zug in großen Stückzahlen vom Band laufen könnte, da er „von allen Bahnsteighöhen der Welt unabhängig“ wäre.

Wie andere ausgestellte Modelle auch wird der Zug, der in die Knie geht, nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt. Die silbernen Antriebsmodule können durch neue, bessere ersetzt werden, ohne daß die kompletten Züge weggeworfen werden müßten.

Die Studenten der Fachhochschule für Gestaltung in Pforzheim haben ein ähnliches Konzept für Busse erarbeitet. Die Gruppe fand heraus, daß die bisher in der Stadt verwendeten Nahverkehrsbusse für viele Aufgaben zu groß und Innenräume für Kinder, Mütter mit Kindern, Rollstuhlfahrer und ältere Menschen sehr ungünstig gestaltet seien. Die sieben Modelle der Bus-Shuttles, die während der Spiele die Beförderung zwischen Wohnungen, Bahnhöfen und Sportstätten bewältigen sollen, haben daher die Größe von Kleinbussen für 12 bis 20 Personen. Bestuhlung, Stehhilfen und Rollstuhlplätze sind je nach Bedarf veränderbar, ein Bus ist nicht länger als sechs Meter. Trotz dieser Kürze versuchten sich die Pforzheimer Studenten auch an Doppeldeckern. Und wie bei den ausgestellten Bahnen bilden auch die Motoren zusammen mit der Hinterachse eine schnell auswechselbare Einheit. Dirk Wildt

Ausstellung bis 25. Juli, Di bis So, 10 bis 18 Uhr, Messehalle 10.2, Bus 104, 105, 219, 700