Treppenhaus-Toilette zugemauert

■ Erst kam die Sanierungsankündigung, dann kamen die Maurer / Hintergrund: Umwandlung in Eigentumswohnungen

Keine halbe Stunde brauchten Bauarbeiter, um die Treppenhaus- Toilette der Familie Okan (Name von d. Red. geändert) in der Kreuzberger Böckhstraße zuzumauern. Auch die sofort hinzugerufene Polizei konnte dies nicht mehr verhindern – die Tür zum Klo war mit einer Mauer verstellt, die Wände zu einer angrenzenden Wohnung schon längst abgerissen. Als vorübergehenden Ersatz bekamen Vater, Mutter und zwei kleine Söhne einen Klo-Schrank, ebenfalls auf der Treppe.

Vor einem Monat flatterte Okans eine Sanierungsankündigung des Vermieters in den Briefkasten. Innerhalb von zwei Monaten hätten sie ihr Einverständnis für die geplanten Maßnahmen geben müssen. Bei einer Ablehnung hätte der Vermieter seinen Wunsch gerichtlich durchsetzen müssen. Offensichtlich dauerte ihm dies zu lange, denn kurzerhand wurden vollendete Tatsachen geschaffen. Da die Wiederherstellung des Klos nicht mehr möglich ist, muß jetzt zwangsläufig die Wohnung der jungen Familie umgebaut werden, um Platz für eine Toilette in der Wohnung zu schaffen. Und genau das, vermutet Okan, will der Vermieter erreichen. Aus einer Zweizimmerwohnung solle eine Einzimmerwohnung gemacht werden, um diese später als Luxus-Loft teuer zu verkaufen. „Das ist ja nicht der erste Ärger, den wir hier hatten“, erklärt Okan. Angefangen habe es damit, daß das Dach abgedeckt wurde, um das Haus um ein Stockwerk zu erhöhen. Regenwasser drang in die Wohnung, Putz fiel von den Decken.

Als langjähriges Mitglied des Berliner Mieterschutzbundes bekommt Okan von dort Rückendeckung und Rechtsbeistand. Seine Anwältin will mit einer einstweiligen Verfügung weitere Sanierungsmaßnahmen verhindern. Auch sie vermutet, daß die Wohnungen im ganzen Haus in Eigentumswohnungen umgewandelt werden sollen. Aktionen wie das Klo-Zumauern seien wohl darauf angelegt, die Mieter zu vertreiben.

In dem Haus wohnen vier türkische Familien. Bei einigen leerstehenden Wohnungen reißen Handwerker bereits Wände heraus, verlegen Leitungen und sanieren – luxusgemäß. jwe