■ Illustre Illustrierte (6)
: Coole Wampe

Lang ist's her, daß die Arbeiterklasse zu ihrem letzten Befreiungsschlag ausholte. „Bier formte diesen wunderschönen Körper“, schrieben sich die Malocher Ende der 70er auf ihre T- Shirts und gingen damit selbstbewußt in die Eckkneipe oder am Strand von Mallorca spazieren. Angespornt von der Schwarzen- Parole „Black is beautiful“ wollten sie mit „Wampe is wunderful“ die Diktatur der schlanken Bürger stürzen. Einfach so aus dem Bauch heraus. Natürlich hat die Emanzipation der Wampe längst eine eigene Sportart und damit eine eigene Illustrierte hervorgebracht. Das Wrestling Star Magazin lichtet von vorne bis hinten nur fette Männer ab, und weil einige nicht ins Format passen, gibt's sogar ein Dicken-Poster zum Herausnehmen. Die Promis der Wampenbewegung können sich untereinander nicht gut leiden – Berichte von heftigen „Wrestling-Kämpfen“ ziehen sich durchs ganze Heft. Wahrscheinlich ein Balz-Ritual: „Die Mädchen werfen uns immer Unterwäsche in den Ring“, berichten die Nasty Boys (119 kg + 124 kg) in Ausgabe Nr. 5.

Das Wrestling Star Magazin verzichtet wohltuend auf den ganzen Illustrierten-Schnickschnack. Kurzberichte, Interviews und Preisrätsel sucht man vergeblich, Aktualität ist ein Fremdwort. Das hat den Vorteil, daß man am Kiosk gleichzeitig die Nr. 2 und 4 kaufen kann und es absolut egal ist, welche man liest. Verfaßt werden die Dicken- Porträts laut Impressum „von einer Reihe unabhängiger Sportjournalisten“, die sich allerdings allesamt nicht trauen, mit ihrem Namen zu unterschreiben. Kein Wunder: Man braucht sich ja nur vorzustellen, was passiert, wenn so einem Dickwanst ein Text nicht gefällt. Da wäre zum Beispiel Kamala (177 kg), der schon „ganze Fleischstücke aus anderen Wrestlern herausgebissen und gegessen hat“. Ziemlich ungesunde Ernährung bei diesem Gewicht, aber um Diättips geht's in diesem Magazin, wie gesagt, nicht.

Ein bißchen Vereinsmeierei konnte sich die Redaktion, die sich im fernen England versteckt hält, allerdings nicht verkneifen. „Geheimnisse der WWF“ ist ein Artikel überschrieben – geheimnisvoll vor allem deshalb, weil die oft gebrauchte Abkürzung WWF nirgends erklärt wird. Der World Wide Fund for Nature ist sicher nicht gemeint, auch wenn die dicken Wrestler ziemlich tierisch drauf sind. Darauf deuten auch der erwähnte „gegnerische WCW“ und die „mittlerweile untergegangene WBF“.

Aber so ist das halt in sozialen Bewegungen. Warum sollten ausgerechnet die dicken Prolos in ihrem Befreiungskampf auf Flügelkämpfe verzichten? Micha Schulze