Grüner Punkt im schwarzen Loch

■ Duales System verhinderte in Hamburg kurzfristig Zusammenbruch der Kunststoffsammlung / Recycling nicht in Sicht     Von Marco Carini

„Das Ultimatum hat Wirkung gezeigt“, lobte Fritz Vahrenholt seine eigenen Drohgebärden gegenüber dem Dualen System Deutschland (DSD). Hamburgs Umweltsenator hatte dem DSD am 22. Juni gedroht, die Freistellungserklärung für Kunststoffe zu widerrufen, die den Handel von der Pflicht entbindet, gebrauchte Joghurtbecher und Plastikflaschen an der Ladentheke zurückzunehmen. Der Grund: In den Sortieranlagen der Hanseatischen Müllentsorger stapelten sich zu diesem Zeitpunkt 700 Tonnen Kunststoffverpackungen, die vom DSD mangels Verwertungsmöglichkeiten nicht abgeholt wurden.

Wenn bis zum 6. Juli der Müll nicht abgeholt und der Umweltbehörde Verwertungskonzepte vorgelegt worden seien, hatte Vahrenholt erklärt, werde die Freistellungserklärung kassiert. Soweit soll es nun nicht kommen. Die Fristsetzung der Umweltbehörde habe dazu geführt, frohlockte der Umweltsenator gestern, „daß 120 Tonnen Plastikmüll in die Verwertungsanlage Stapelfeld gebracht wurden, wo dieser zu Granulat verarbeitet werden soll“. Andere Teile der Plastikmüllberge seien nach Großenhain bei Hoyerswerda transportiert worden. Vahrenholt: „Die Lager der Hamburger Sortierbetriebe sind nun mehr oder weniger geräumt“.

Eher weniger. Vahrenholt, so scheint es, bekam von den DSD-Verantwortlichen getürkte Zahlen als Beruhigungspille vorgesetzt. Kaum hatte der Umweltsenator die Ampel für den grünen Punkt von rot auf gelb zurückgestellt, da korrigierte die Arbeitsgemeinschaft Duales System Hamburg (ARGE) die Erfolgszahlen wieder nach unten. Nicht 120, sondern nur knapp 90 Tonnen Kunststoffe seien bislang nach Pinneberg gebracht worden. Weitere 150 Tonnen wurden seit vergangenem Donnerstag auf ein ehemaliges NVA-Gelände in Großenhain gekarrt. Doch rund 460 der ehemals 700 Tonnen Plastikmüll liegen noch immer in den Hamburger Sortieranlagen. Bis Ende kommender Woche sollen auch sie verschwunden sein, verspricht die ARGE. Recycling heißt das noch lange nicht. Denn in Großenhain wird der Plastikabfall nicht wiederverwertet, sondern nur wochenlang gelagert. Was danach mit ihm geschieht, ist ungewiß. DSD-Sprecher Gunnar Sohn gibt zu: „Wir haben da einen Engpaß“.

Und der wird in den kommenden Monaten eher größer. Denn ab August soll auch in Harburg, einen Monat später in Bergedorf, der häusliche Verpackungsmüll abgeholt werden. Nach Angaben von Vahrenholt wird in diesem Jahr den bundesweit rund 400.000 Tonnen eingesammelten Altkunststoffen eine gesicherte Recyclingkapazität von nur 161.000 Tonnen gegenüberstehen. Diese soll, so DSD-Sprecher Sohn, bis 1996 auf 700.000 Tonnen ausgebaut werden. Doch nur aus einem knappen Drittel der eingesammelten Abfälle werden dann neue Kunststoffprodukte entstehen. Der Löwenanteil aber soll lediglich in benzinähnliches Öl und methanhaltiges Gas umgewandelt werden.