Bremen im Recycling-Alleingang

■ Weitere Verbreitung des Gelben Sacks gestoppt / Drohgebärden in Richtung Handel

Im Streit um den Gelben Sack geht Bremen einen Sonderweg. Während alle anderen Bundesländer weiter auf die Wertstoffsammlung setzen, um damit Druck auf das durcheinandergeratene „Duale System Deutschland“ (DSD) auszuüben, haben die Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB) die weitere Verbreitung des Gelben Sackes vorerst gestoppt.

Zwar werden die Säcke bei dem guten Viertel der bremischen Haushalte, in denen die Getrenntsammlung bereits eingeführt ist, weiterhin abgeholt wie bisher. Aber die Erweiterung des Sammelgebietes findet so lange nicht statt, wie der schwelende Konflikt mit dem DSD nicht aus der Welt geschafft ist. Gestern erklärte Umweltstaatsrat Uwe Lahl gemeinsam mit dem BEB-Chef Dieter Voigt den Bremer Sonderweg.

In der vergangenen Woche haben alle gut 800 Vertragspartner der grüne-Punkt-Organisation DSD einen Brief erhalten: Darin kündigten die Verpackungsmüllwerker an, neben den Getränketüten, Alufolien und Dosen, die ohnehin in den Gelben Sack gehören, fortan nur noch Kunststoffolien im Mindestformat Din-A-4 und Plastikflaschen einzusammeln. „Die Rosinen im Müllberg, leicht zu sortieren und zu recyceln“, meinte dazu Uwe Lahl. Der restliche Plastikmüll, so DSD, sei vorerst nicht verwertbar und solle unter den normalen Hausmüll gemixt werden. Konkret: Joghurtbecher gehören nicht mehr in den gelben Sack, sondern in die Müllverbrennung. Außerdem kündigte das DSD seinen Vertragspartnern an, daß die für das Sammeln der Säcke 20 Prozent weniger Geld bekommen würden. Für die BEB, die in Bremen die Wertstoffsammlung übernommen hat, bedeutet das im zweiten Halbjahr zwei Millionen Mark weniger in der Kasse, so BEB-Chef Voigt.

„Wir werden ganz entschieden gegen die Vertragsänderung vorgehen“, kündigte Staatsrat Uwe

Diese unnötigen Verpackungen könnten verboten werden Foto: Tristan Vankann

Lahl an. Nur will er dabei einen ganz anderen Weg gehen, als die Umweltbehörden in den anderen Ländern. Den Gelben Sack noch im restlichen Stadtgebiet zu verbreiten, damit mehr zu sammeln und den Plastikberg zu erhöhen, das scheint den Bremern nicht der richtige Weg zu sein. Ohnehin hatte sich das Umweltressort viel mehr Zeit mit der Einführung des Gelben Sackes lassen wollen, sei aber von der Opposition gedrängelt worden, die Einführung bis Ende dieses jahres hinzubekommen.

Diese Sorgen ist das Ressort nun vorerst los geworden. Bis auf weiteres passiert gar nichts. Lahl: „Wir fahren keine Crashstrategie.“ Ohnehin seien Länder und Kommunen durch die Alternativlosigkeit von DSD in höchstem Maße erpreßbar. Bremen droht stattdessen damit, die Freistellungserklärung zur Rücknahmepflicht von Verpackungsmüll für den Handel zurückzunehmen. Konkret: Wenn der Müll mit dem grünen Punkt von DSD nicht mehr ordentlich gesammelt und verwertet werden kann, dann soll er da hinterlassen werden, wo er

hier das foto

mit den verpackten Zangen

und Flaschenöffnern

auf die VerbraucherIn trifft — nämlich im Laden.

Vor der Lawine in den Läden oder den Plastikmülldeponien steht allerdings der Verhandlungsweg. In den nächsten Tagen soll es zu Gesprächen mit DSD über einen neuen Vertrag kommen. Und da sieht Lahl Bremen in einer relativ guten Verhandlungsposition, denn durch die gute Beratung der BremerInnen seien die bundesspitze im Mülltrennen. Während woanders 40 Prozent der Sackinhalte falsch sind, liegt die Bremer „Falschwurf“-Quote nur bei der Hälfte.

Wenn die Gespräche scheitern sollten, dann, so Lahl „werden wir in die Phalanx der anderen Bundesländer einsteigen.“

In der kommenden Woche solle eine Sonderkonferenz der UmweltministerInnen stattfinden. Und dort soll auch beraten werden, ob die Palstikverpackungen nicht schon weit vor der Müllsammlung verhindert werden können. Nötig sei, so Lahl, eine Diskriminierungsliste gegen bestimmte Kunststoffverpackungen: „Die Entscheidung fällt noch in diesem Jahr.“ Jochen Grabler