Mongole vertritt Deutschen Bauernverband

■ In der „Ausbildungsstelle Treptower Park des Auswärtigen Amtes“ erhalten Nachwuchsdiplomaten aus Osteuropa eine viermonatige Ausbildung

Die Umgangsformen sind höflich und korrekt. Mißtöne sollen im Sprachwirrwarr erst gar nicht aufkommen. Die fünfundzwanzig Kursusteilnehmer aus verschiedenen osteuropäischen Staaten werden sich bestimmt irgendwann wiedersehen. Dann aber auf höherer Ebene – als VertreterInnen ihrer Länder in offizieller Mission. Um für den Auftritt auf dem internationalen Parkett vorbereitet zu sein, üben die Nachwuchsdiplomaten miteinander unter Anleitung des deutschen Außenministeriums in Berlin.

Dort, wo früher Gäste des DDR-Außenministers übernachteten, in einer alten Villa am Treptower Park, bekommen die Nachwuchsdiplomaten Unterricht. Vier Monate büffeln sie in dem vom Auswärtigen Amt nach der Vereinigung übernommenen Haus mit dem blankpolierten Parkettfußboden. „Vier Monate sind verglichen mit der deutschen Attaché-Ausbildung eine relativ kurze Zeit. Sie ist aber lang für den Entsendestaat, der dringend auf die Kursteilnehmer angewiesen ist“, sagt Jürgen Kalkbrenner.

Der pensionierte Diplomat, der zuletzt als Generalkonsul die Bundesrepublik Deutschland in Boston an der amerikanischen Ostküste vertrat, wurde im vergangenen Jahr gefragt, ob er sein Rentnerdasein unterbrechen wolle. Er hat Ja gesagt. „Wenn der Ruf des Vaterlandes in dieser Form ergeht...“ Seither trägt er den Titel „Leiter der Ausbildungsstelle Treptower Park des Auswärtigen Amtes“.

Erhebliches Durchhaltevermögen

Das Bonner Außenministerium, das nach der Wende von vielen osteuropäischen Staaten um Hilfe bei der Ausbildung von Diplomaten und dem Aufbau eigenständiger Außenministerien gebeten wurde, nimmt keinen Einfluß auf die Auswahl der Kursusteilnehmer. Die Kandidaten sollen nur wenige Bedingungen erfüllen: Sie müssen dem Auswärtigen Dienst ihres Landes angehören, Deutsch sprechen können und „nicht gerade pensionsreif“ sein, wie Kalkbrenner sagt.

Die vier Monate in Berlin sind für die Männer und Frauen aus Aserbaidschan, Armenien, der Mongolei, Usbekistan, Rumänien, Bulgarien, Rußland, Estland, Lettland, Litauen und anderen osteuropäischen Ländern kein Zuckerschlecken. Das Programm ist „notwendigerweise sehr gedrängt“. Die Anforderungen an die Durchhaltefähigkeit nennt Kalkbrenner erheblich.

Rundreise zu möglichen Arbeitsorten

Siebzig Dozenten, unter ihnen Diplomaten, Historiker, Politologen, Wirtschaftswissenschaftler und Völkerrechtler, referieren über Unterschiede von Planwirtschaft und Marktwirtschaft, über die Geschichte der Diplomatie, den Wiener Kongreß und Verhandlungstechnik.

Sie simulieren Verhandlungen wie Expertenrunden der Europäischen Gemeinschaft, bei denen zum Beispiel der mongolische Kursusteilnehmer als Vertreter des Deutschen Bauernverbandes auftritt. Während der vier Monate besuchen sie mögliche spätere Arbeitsorte wie Straßburg und Brüssel, das Europaparlament, die Nato, die WEU, die EG. Sie reden mit Vertretern der Treuhand, der Wirtschaftskammern, der Gewerkschaften und mit Abgeordneten.

Auswertige Amt ist nicht Uneigennützig

Für die Kosten der Kurse kommt das Auswärtige Amt vollständig auf. Uneigennützig handelt es dabei natürlich nicht. „Wir denken da auch an unseren eigenen Nachwuchs. Der wird es einmal leichter haben, mit dem ausländischen Kollegen zu verhandeln, der uns auch versteht“, sagt Kalkbrenner. Die Kurse in Berlin sollen auch helfen, Verständnis für die Denk- und Vorgehensweise westlicher Länder zu wecken. Das Außenministerium sieht sie auch als Teil seines Bemühens um internationale Vertrauensbildung. „Wenn man sich kennt, kann man Probleme leichter lösen und die Verhandlungen weniger kontrovers angehen“, meint der Ausbildungsleiter.

Wird das Projekt fortgeführt?

Die 700.000 Mark, die ein Kursus kostet, sind nach Kalkbrenners Überzeugung gut investiert. Der zweite Kursus ist gerade zu Ende gegangen, der nächste beginnt im August. Ende dieses Jahres soll entschieden werden, ob das Projekt fortgeführt wird. Einige der Teilnehmer haben das Kursende nicht mehr in Berlin erlebt. Sie wurden vorzeitig abberufen. Andere sind schon wieder in Deutschland – als Angehörige der Botschaft ihres Landes. dpa