Hellwache Zapper

■ betr.: "Wir schalten um", taz vom 20.6.93

betr.: „Wir schalten um“,

taz vom 29.6.93

In der Kritik bleibt unterbelichtet, daß Winkler sich zu sehr auf den Akt des Umschaltens selbst konzentriert, ohne individuelle Lerngeschichte oder soziale Umstände des Zappers zu berücksichtigen. Zum Davor und Danach: Der Umschaltimpuls darf nicht aus dem Medium abgeleitet werden, er hat auch nichts mit der „Überdeterminierung“ des Bewegtbildes zu tun, ebensowenig wie das „Spazierengehen“ der Gedanken. Wer umschaltet, tut dies offensichtlich, weil er etwas sucht. Dieses „Etwas“ kann im allgemeinen Kontext einer Medientheorie des Zappens nur eine anthropologische Konstante wie Lust oder Macht sein.

Auch Winklers Rückgriff auf Freud, Riepe sagt es selbst, ist wenig überzeugend. Im eigentlichen Sinne träumen kann der Fernseher ja nicht, da der Apparat ihn wachhält. Und Tagträume pflegt der angestellte Fernseher ebenfalls zu stören. Ob daher nicht wohl jemand, der vor sich hindumpft, am wenigsten zum Zappen neigt? Vielmehr erbringt ja der Zapper mit seinem Umschalten einen Beweis für sein Wachsein. Daher kann das Zappen auch nicht der Hauptgrund für zerrüttete Partnerschaften sein. Hier hat die Petra doch wohl Ursache und Wirkung verwechselt: Nicht daß das Zappen zum Abkühlen der Beziehung führt, ist die Crux, sondern daß die abgekühlte Beziehung den Zapper veranlaßt, die Lustquelle anderswo oder -wie zu suchen. Dr. Nicole Schrotmann-Panier,

Harsewinkel