FDP-Mann kritisiert neue BKA-Märchenstunde

■ BKA-Bericht vom Montag schon überholt / Untersuchungsausschuß gefordert

Berlin (taz) – Als der BKA-Bericht am Montag endlich vorlag, machte er alles nur noch schlimmer: Da „der genaue Geschehnisablauf, der zum Tod von Wolfgang Grams führte“, Gegenstand des Schweriner Todesermittlungsverfahrens sei, könne er „hier nicht dargestellt werden“, teilten die Wiesbadener Kriminalisten lapidar mit. Entsprechend empört reagierte das politische Bonn. „Lächerlich“, schimpfte der Vorsitzende des Innenausschusses, Hans Gottfried Bernradt (SPD), ein „Versuch, sich von der Verantwortung reinzuwaschen“, so der FDP- Abgeordnete Wolfgang Lüder. Bündnis 90/Grüne forderten einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß, die SPD will sich der Forderung anschließen, wenn nach einer erneuten Sondersitzung des Innenausschusses am Montag keine „befriedigenden Erkenntnisse“ vorliegen.

Akribisch hatte das BKA den Personal- und Maschinenauftrieb für den Einsatz von Bad Kleinen aufgelistet. Dem Bericht zufolge waren 35 GSG-9-Beamte am Einsatz beteiligt, dazu 19 Mitglieder des Mobilen Einsatzkommandos des BKA. Die Beamten hätten insgesamt 33, Grams 11 Schüsse abgegeben. Sicher sei, daß der tödlich getroffene Polizeikommissar Newzrella von Grams erschossen worden sei. Der „Dritte Mann“ und mutmaßliche V-Mann wurde in dem Bericht nicht erwähnt.

Außerdem ist der Bericht von dem Versuch gekennzeichnet, sich von jeder Verantwortung für die fatalen Umstände des Zugriffs reinzuwaschen. Die Festnahme von Birgit Hogefeld sei weder während der Zugfahrt zuvor noch in der Gaststätte oder auf dem Bahnsteig ohne Gefährdung Dritter möglich gewesen, weshalb man sich für die Unterführung entschieden habe, aus der Grams allerdings noch fliehen konnte. Für den Einsatz sei im übrigen der Generalbundesanwalt verantwortlich, der „auch an der Festlegung einsatzkonzeptioneller Grundsätze“ beteiligt gewesen sei.

Das BKA gehe nach diversen widerlegten Theorien über den Tathergang „auf neue Märchensuche“, empörte sich der FDP-Abgeordnete Lüder. Er wurde prompt bestätigt. Am Vormittag berichtete der Stern, Grams sei vermutlich durch einen ausgesetzten Schuß aus seiner eigenen Waffe getötet worden. Ein halbe Stunde später bestätigte das BKA, Grams sei nicht mit einer Polizeiwaffe erschossen worden. Dies gehe aus dem rechtsmedizinischen Obduktionsbericht der Uni Lübeck zweifelsfrei hervor. Das „Stanzmarkenprofil“ an Grams Kopf stimme nicht mit dem Mündungsprofil der Polizeiwaffen überein.

Am Nachmittag meldete sich erstmals BKA-Chef Hans-Ludwig Zachert zu Wort und bestätigte, daß Grams mit der eigenen Waffe erschossen worden sei. Möglich sei ein Selbstmord oder ein tödlicher Schuß beim Sturz auf die Schienen. Kein Zeuge habe einen „Waffenwechsel“ gesehen. gero