„Ideologischer Schlag gegen Scientology“

■ Interview mit Ursula Caberta, Bürgerschaftsabgeordnete und Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology des Senats, zum Urteil des Oberverwaltungsgerichts

taz: Das gestrige Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist ein harter Schlag für Scientology in Hamburg. Welchen Folgen wird es für die Sekte haben?

Caberta: Sie muß jetzt einen Gewerbebetrieb anmelden und der unterliegt verschiedensten rechtlichen Regelungen, wie der Zahlung von Gewerbesteuer. Also, der Finanzsenator kann sich freuen. Außerdem gibt es jetzt eine Überprüfungsmöglichkeit durch die Gewerbeaufsicht. Wichtig ist auch, daß sich das Gewerbe auf alles erstreckt, den Verkauf von Büchern, Elektrometern und Kursen. Die Ausübung eines Gewerbes kann auch wegen Unzuverlässigkeit des Betreibers untersagt werden.

taz: Wird das Urteil die Scientologen aus Hamburg vertreiben?

Caberta: Gott, Sie geben mir richtig Hoffnung. Aber das Urteil ist natürlich nicht nur ein finanzieller, sondern auch ein ideologischer Schlag. Das Gericht hat ja festgestellt, daß hinter Scientology auch eine Gewinn-Erzielungsabsicht steckt. Und damit sind sie praktisch weg vom Fenster mit dem Spruch, daß die Religion ihr Dach ist. Wichtig ist auch, daß der Richter am Dienstag festgestellt hat, er habe den Eindruck, daß vieles verschleiert würde. Das ist genau das, was ich immer gesagt habe. Da passiert was ganz anderes, Religion ist nur der Deckmantel.

taz: Die Kontrollmöglichkeiten sind also erheblich verbessert?

Caberta: Ja. Für die weitere Auseinandersetzung ist auch unheimlich wichtig, daß der Richter über die ihm vorliegenden Scientology-Materialien gesagt hat, daß keinerlei religiöse Bezüge erkennbar seien.

taz: Hamburg versucht derzeit, den Scientologen die Rechtsfähigkeit des Vereins zu entziehen. Welche Konsequenzen hätte das?

Caberta: Sie könnten dann nicht mehr als Verein fungieren, müßten beispielsweise die Arbeitnehmer angemelden und endlich richtige Gehälter zahlen. Die hauptamtlichen Kräfte müßten sich dafür eigentlich bei mir bedanken.

taz: Also weitere finanzielle Nachteile?

Caberta: Ja. Und sie müssen endlich ihre gesamten Umsatzzahlen rausrücken. Das haben sie ja vor Gericht verweigert, haben keine Bilanzen, keine Gewinn- und Verlust-Rechnungen vorgelegt. Das geht jetzt alles nicht mehr.

taz: Wann greift die Entscheidung?

Caberta: Gegen das Urteil kann keine Revision eingelegt werden, aber die Scientologen prüfen, ob sie dagegen beim Bundesverwaltungsgericht eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen. Das würde die Rechtskraft des Urteils verzögern.

taz: Aber arbeitslos werden Sie und ihre Mitarbeiter nicht?

Caberta: Nein, leider nicht. Es rufen immer mehr Leute bei uns an, auch aus dem ganzen Bundesgebiet, weil wir die einzige staatliche Stelle sind.

Fragen : Sannah Koch