Streit unter Dealern?

■ Schießerei in Mietshaus: Polizei noch immer auf Vermutungen angewiesen / Identität der drei Getöteten noch unklar

Die drei Toten in einem Mietshaus in Friedrichshain sind offenbar Opfer brutaler Auseinandersetzungen im Drogenmilieu. Die Mordkommission geht davon aus, daß auch der Mann, der das Feuergefecht eröffnet hatte, bei dem Schußwechsel Dienstag früh starb. Dies sagte Polizeipräsident Hagen Saberschinsky gestern. Am Tatort hatten die Beamten rund 700 Gramm eines weißen Pulvers – nach ersten Analysen Heroin – sichergestellt. Die Identität der Getöteten war auch am gestrigen Mittwoch noch nicht geklärt. Vermutlich seien es Türken, sagte der Polizeipräsident.

Den Ermittlungen zufolge hatten zwei der späteren Todesopfer einen Türken in einer Kreuzberger Kneipe nach dem Aufenthalt eines vierten Mannes befragt. Zunächst weigerte sich der inzwischen als Zeuge ermittelte Mann, die gewünschte Auskunft zu geben. Dann mußte er aber die beiden Männer unter vorgehaltener Waffe zu der Wohnung des vierten Mannes in die Boxhagener Straße im Bezirk Friedrichshain führen.

Während der Zeuge dann flüchten konnte, klingelten die beiden „Besucher“ an der Wohnungstür. Der Wohnungsinhaber und mutmaßliche Drogenhändler öffnete und schoß auf die beiden Männer. Zumindest einer von ihnen erwiderte das Feuer, wurde dann aber auch getroffen.

Unklar ist für die Polizei noch, was die beiden „Besucher“ von dem Mann in der Boxhagener Straße genau wollten. Vermutlich ging es aber um Rauschgift. Am Tatort stellte die Polizei Drogen im Marktwert von rund 50.000 Mark sicher. Zudem wurden mehr als 80 Schuß Munition entdeckt.

Die Polizei fahndet weiter nach einer Frau, die ebenfalls in der Wohnung in der Boxhagener Straße gelebt haben soll. Sie sei nach dem Schußwechsel weggelaufen. Zeugen hatten berichtet, die Frau habe es so eilig gehabt, daß sie barfuß flüchtete. Unter anderem soll sie nach Angaben der Zeugen einen pinkfarbenen Pullover getragen haben.

Kurz nach Mitternacht waren am Dienstag früh die Bewohner des Mietshauses Boxhagener Straße 58 durch Schüsse aus dem Schlaf geweckt worden. Die alarmierten Polizisten fanden drei Opfer, von denen zwei noch lebten. Einer der Angeschossenen hatte sich offenbar von der im Hinterhaus gelegenen Wohnung noch auf die Straße schleppen können, war aber beim Eintreffen der Polizei schon verstorben. Im Treppenhaus fanden die Beamten zwei weitere durch Schüsse schwer verletzte Männer. Sie erlagen wenig später ihren Verletzungen.

Sichergestellt wurden in unmittelbarer Nähe der Toten zwei Pistolen und zwei Revolver. In der Wohnung stellte die Polizei zudem noch ein Jagdgewehr und eine größere Menge Munition sicher. Das Gewehr war bei der Schießerei nicht eingesetzt worden.

Wann es in Berlin in einem Rauschgiftkrieg zum letzten Mal drei Tote gegeben habe, konnten Polizeisprecher am Dienstag nicht sagen. dpa/taz