Selbstbedienung bei Saar-Schlapphüten

■ Verfassung geschützt, Kasse geplündert

Saarbrücken (taz) – Der saarländische Verfassungsschutz arbeitet besonders geheim. In keinem Bundesland sind die Kontrollrechte des Parlaments gegenüber dem Geheimdienst so gering wie an der Saar: diesen Freiraum nutzen Mitarbeiter nicht nur in ihrem unermüdlichen Kampf gegen „jegliche Formen von Terrorismus“. Fünf der 55 festangestellten Saar- Schlapphüte haben offenbar jahrelang ihre Gehälter durch gefälschte Abrechnungen aufgebessert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue, Unterschlagung und des Betrugs. Innenminister Friedel Läpple hat zwei Mitarbeiter „des äußerst wichtigen Amtes“ vorläufig vom Dienst suspendiert. Einige Verdächtige sollen bereits einen Teil der illegal abgezweigten Summe zurückgezahlt haben. Noch immer fehlen aber etwa 53.000 Mark.

Die kaum vorhandene Kontrolle in der Geheimbehörde machte es dem Haushaltssachbearbeiter des Amtes und seinen Kollegen offenbar leicht: drei Jahre lang verstanden sie Haushaltstitel wie „konspirative Tätigkeit“ allzu wörtlich. Angebliche Zahlungen an V-Leute oder Informanten sind nach den bisherigen Ermittlungen auch zu weniger amtlichen Zwecken geleistet worden. Über mehrere Jahre hinweg ist der Amtsleitung offenbar auch nicht aufgefallen, daß die Dienstwagen der Behörde einen gigantischen Bedarf an Zubehör hatten: Daß die Star-Agenten wegen der vielen Verfolgungsfahrten ständig neue Reifen benötigten, mag ja noch einleuchtend sein. Wieso aber zur Tarnung der permanente Austausch von Radios und Dachgepäckträgern an den Dienstwagen erforderlich war, blieb lange „konspiratives“ Amtsgeheimnis. Nach den bisherigen Ermittlungen haben die verdächtigen fünf Mitarbeiter die Reifen, Radios und Gepäckträger für das eigene Auto benutzt oder gewinnbringend weiterverkauft. Noch nicht geklärt ist der Verdacht, ob sich einige Mitarbeiter bei einem bayerischen Automobilhersteller zum günstigen Verfassungsschützer-Rabatt auch private Autos besorgt haben.

Der Skandal hat erneut die Frage nach dem Sinn des Landesamtes aufgeworfen. Amtschef Gerhard Metzler sieht das Saarland durch „ein zahlenmäßig großes RAF-Umfeld“ gefährdet. Irgendwelche Strafverfahren gegen Linksextremisten an der Saar hat es jedoch in den letzten 15 Jahren nicht gegeben. Frank Thewes