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Roma verlassen Dachau

■ Kirchenbesetzer wollen nach Strasbourg zum Europaparlament fahren

München (taz) – Roma, die sich in der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Dachau aufhalten, wollen das Lager überraschend freiwillig verlassen. Nach einer Solidaritätsdemonstration am vergangenen Samstag hatten die Roma-Sprecher erklärt, sie wollten bleiben, bis man sie an den Haaren herausschleife. Ihre Entscheidung begründen sie laut einer Presseerklärung des Roma National Congress (RNC) mit der „Aussichtslosigkeit der Verhandlungen mit den betroffenen Kirchen einerseits und dem Bayerischen Kultusministerium andererseits“.

Außerdem wollen wir weg von der unsäglichen Diskussion um die Kirche“, sagte RNC-Sprecher Rudko Kawczynski auf einer Pressekonferenz am Mittwoch. Bereits am Montag hatten beide Kirchen zusammen mit dem bayerischen Kultusministerium die Roma zum Verlassen von Dachau aufgefordert. Darüber habe es große Irritationen bei den Roma gegeben, so Kawczynski. Eine der Flüchtlingsfrauen hatte im Falle einer Räumung des Lagers durch die Polizei Selbstverbrennung angedroht. Tatsächlich hatte die bayerische Regierung die Kirche „massiv unter Druck“ gesetzt, wie es ein Kirchenmitarbeiter nannte, das Roma-Lager in Dachau aufzulösen.

Der Roma-Autokonvoi stehe bereits abfahrbereit in Dachau. Gestern abend wollten rund zwei Drittel der Roma Dachau in Richtung Strasbourg verlassen. Dort wird der RNC mit führenden Vertretern des Europarats und des Europäischen Parlaments sowie der Europäischen Menschenrechtskommission sprechen. Rudko Kawczynski will dem Petitionsausschuß des Europäischen Parlaments persönlich ihren Antrag auf Bleiberecht für die staatenlos gewordenen jugoslawischen Roma überreichen. Die Roma beabsichtigen, in Frankreich gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention Aufnahme zu finden. Eine Gruppe von Roma will allerdings weiterhin den Schutz der Kirche in Dachau suchen und dort bleiben. Ob diese, wie angedroht, polizeilich geräumt werde, stand bis Redaktionsschluß noch nicht fest. Corinna Emundts

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