SPD will Penner als Generalbundesanwalt

■ Schwierige Suche nach einem Nachfolger für den geschaßten von Stahl / FDP-Abgeordneter van Esser lehnt den Job ab / CDU kritisiert Penner

Bonn (taz) – Die Bundesrepublik Deutschland sucht einen neuen Generalbundesanwalt. Kaum hatte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger am Dienstag abend ihren Parteifreund Alexander von Stahl vorsichtig „in den einstweiligen Ruhestand“ geschickt, schon tobte in Bonn die Diskussion um die Nachfolge. Mit der Begründung, „die Bedeutung seines Amtes läßt eine lang andauernde Diskussion um seine Amtsführung nicht zu“, hatte die Ministerin den Bundespräsidenten gebeten, von Stahls faktische Entlassung abzusegnen. Der hatte gestern noch nicht einmal unterschrieben, als in Bonn schon zahlreiche Namen potentieller Nachfolger hoch gehandelt wurden. Ob allerdings der freiwerdende Posten, von dem sich von Stahl nach eigenen Bekundungen nur „mit Bitternis“ trennt, der nötigen Beliebtheit erfreut, ist fraglich.

Der zunächst von der Justizministerin ins Auge gefaßte FDP- Rechtsexperte Jörg van Esser jedenfalls winkte gestern ab: Er fühle sich zwar „sehr geehrt“, wolle aber „seine Arbeit als Rechtspolitiker in der Fraktion fortsetzen“, erklärte van Essen. Auch solle nach Meinung des FDP-Mannes kein aktiver Politiker mit dem Amt betraut werden, dessen Neutralität angesichts der schwierigen Zeiten für die innere Sicherheit gestärkt werden müsse.

Der Vorschlag, den Sessel des Generalbundesanwaltes erneut mit einem FDP-Politiker zu besetzen, stößt bei der Opposition auf Widerstand. So wies SPD-Chef Rudolf Scharping gestern auf die Rechtslage hin, wonach der Bundesrat letztlich über die Neubesetzung des Amtes mitentscheiden kann: Anders als vor drei Jahren nämlich – bei der Ernennung von Stahls – können die Sozialdemokraten jetzt mit ihrer Bundesratsmehrheit jeden Vorschlag der Bundesregierung blockieren und möglicherweise einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken.

Nach dem Willen einiger SPD- Politiker steht der offenbar auch schon fest. SPD-MdB Wilfried Penner erfülle nach Meinung der stellvertretenden Parteivorsitzenden Herta Däubler-Gmelin schließlich die wichtigste Voraussetzung: „eine lange staatsanwaltschaftliche Tätigkeit“. Penner, früher Staatsanwalt und ehemaliger Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, war bereits 1990 vor der Ernennung von Stahls von Bundeskanzler Kohl als neuer Generalbundesanwalt ausgesucht worden. Seine Berufung scheiterte damals jedoch auf Drängen von Graf Lambsdorff, der seinen Parteifreund von Stahl durchsetzte.

Indessen wird eine Berufung Penners offenbar von seiten der CDU nicht akzeptiert. So erklärte CDU-Innenexperte Erwin Marschewski, Penner habe keine Fähigkeiten erkennen lassen, die eine Benennung als Generalbundesanwalt stützen könnten. Marschewski warf Däubler-Gmelin vor, sie habe mit diesem „Schnellschuß“ bewiesen, wie wenig sie selbst für das angestrebte Amt einer Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts geeignet sei. Auch die PDS-Abgeordnete Ulla Jelpke hält eine Berufung Penners für ausgeschlossen: „Der hat im Innenausschuß doch keine einzige Frage gestellt und sich nur in der Öffentlichkeit groß aus dem Fenster gehängt.“ Von Wilfried Penner war gestern keine Stellungnahme zu bekommen.

Ein weiterer Kandidat, der Generalstaatsanwalt von Mecklenburg-Vorpommern, Alexander Prechtel, scheidet offenbar endgültig aus. Er wies gestern Spekulationen um seine Berufung als „schädlich“ zurück. Seine Aufgabe sei schließlich, als oberster Staatsanwalt des Landes bei der Aufklärung der Vorgänge in Bad Kleinen mitzuwirken. Hasso Suliak