Ritt auf Bonn

■ Doktor theol. Jeckyll & Mr. Arendt Hindricksen drängt in den Bundestag

Mal ehrlich, kennen Sie Arendt Hindricksen? Pardon, Doktor Arendt Hindricksen. In den nächsten Monaten werden sie ihn kennenlernen, garantiert. Doktor Arendt Hindricksen ist Obersprecher der Bremer Grünen, aber er strebt nach Höherem: Er will nach Bonn, unbedingt.

Langsam steigt bei den Bremer Grünen die Frage auf, wen sie denn in gut eineinhalb Jahren in den Bundestag schicken wollen. Gar nicht so einfach, so viele gute Leute gibts sowieso nicht, und die meisten sind in der Landespolitik einbetoniert. Was also tun? Da fällt immer wieder ein Name: Marieluise Beck. Die hatte aus familiären Gründen nicht Senatorin werden dürfen und sich darob arg gegrämt. Aber mittlerweile hat sie sich wieder gefangen und macht ordentliche Landes- und Bundespolitik. Was wäre die grüne Debatte um Bosnien ohne sie?

Also gut, also Beck, denken da die Obergrünen. Da aber reckt sich ein Ärmchen aus der grauen Grünenmasse und ein Fingerchen obendran: Ichichich bin auch noch da! Und Sie ahnen es schon: Unten am Ärmchen hängt der Landesvorständler Doktor Arendt Hindricksen.

Als Marieluise Beck in der Bürgerschaftsfraktion ihren erschütternden Reisebericht aus Bosnien gab, da rutsche besagter Hindricksen unruhig hin und her. Und als sie dann auch noch die militärische Intervention in die Diskussion brachte, da platzte es aus dem Geheimkandidaten heraus: So ginge das nicht, sie würde nur Gefühle schüren wo man doch kühl nachdenken müsse. Die Grünen, so Doktor Arendt Hindricksenn, gingen in die „Betroffenheitsfalle“. Damit kennt er sich aus, so mit Gefühlen wecken und nachdenken, den Doktor hat er nämlich in Theologie.

Und das mit der Betroffenheitsfalle, das hat er von einem linken Folklorekränzchen der Grünen, dem „Babelsberger Kreis“, dem Doktor Arendt Hindricksen angehört. Dort war das Jaulen gar groß, als der Grüne Länderrat für die Intervention votierte: Sofort solle ein Sonderparteitag einberufen werden, forderten da die Reste des linken Flügels in den Grünen. Mit der Unterschrift von Doktor Arendt Hindrickse, demselben, der monatelang dagegen gearbeitet hat, daß das hochbrisant wichtige Sonderthema bei den Bremer Grünen auch nur diskutiert wird. Aber so gehts, der Weg nach Bonn führt über die grüne Seele, und die ist im Zweifel immer rein und deshalb gegen alle schmutzige Realität auf dem Balkan.

So kommt es auch, daß Doktor Arendt Hindricksen zuhause den Koalitionsmanager mimt, mit den Sozis gerne Bier trinkt, den Bürgermeister duzt und überhaupt alle Bauchpinseleien der eingebildeten Macht gerne mitnimmt, jenseits der Landesgrenzen aber als Kronzeuge gegen eben diese Ampel auftritt. Den Bremer Grünen, die zum Vereinigungsparteitag nach Leipzig gefahren waren, ist die Kinnlade runtergefallen, als sie ihren großen Landesvorsitzenden bei einer flammenden Rede gegen die Ampel auf Bundesebene hören mußten. Seht her, predigte da der Theologe, ich bezeuge, das Dreierbündnis ist von Übel. So kann man sich natürlich auch Profil auf Bundesebene geben. Naja, zuhause ist er dann wieder mit den Sozis Biertrinken gegangen usw. Das Doktor Jeckyll-Spiel geht aber nur so lange gut, so lange es keiner merkt. Hofft zumindest Rosi Roland