Bei Jobverlust droht bald die Abschiebung

■ Vielen Ex-DDR-Vertragsarbeitern fehlt Arbeitserlaubnis / Bürokratische Hemmnisse torpedieren „humanitäre Regelung“

Die kürzlich von der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossene „humanitäre Regelung“ des Bleiberechts wird nur den wenigsten der ehemaligen DDR-VertragsarbeiterInnen eine Lebensperspektive in Deutschland eröffnen. Der Mehrzahl droht infolge eines komplizierten Wechselspiels zwischen aufenthalts- und arbeitsrechtlichen Regelungen der (deutsche) Boden unter den Füßen weggezogen zu werden.

Wie der Leiter der zuständigen Abteilung des Bundesarbeitsministeriums (BMA), Manfred Harrer, gestern der taz sagte, werden diejenigen, die zur Zeit keine Arbeitsstelle haben, auch keine „besondere Arbeitserlaubnis“ erhalten, es sei denn, sie können „ein konkretes Angebot“ eines Arbeitgebers nachweisen. Eine entsprechende Weisung solle nächste Woche an die Arbeitsämter ergehen.

Mit der auf sechs Monate befristeten „Duldung“, die die neue Aufenthaltsregelung für die Arbeitslosen unter den VertragsarbeiterInnen vorsieht, dürfte es den Betroffenen jedoch nur schwer gelingen, neue Arbeitgeber zu finden. Dietrich Lederer von der „Bürgerinitiative ausländische MitbürgerInnen in Hohenschönhausen“: „Wer stellt schon jemanden ein, der nur noch ein paar Monate Aufenthaltsrecht besitzt?“ Nach Schätzung der Ausländerbeauftragten Barbara John leben noch 3.000 der ehemaligen VertragsarbeiterInnen in Berlin, davon nur noch rund 500 mit einem Arbeitsplatz. Dem Rest droht vermutlich die Abschiebung im Dezember.

Daß ein Arbeitsplatz im „Behördendschungel“ schneller verlorengeht, als daß er gewonnen werden kann, mußten eine Reihe der ehemaligen VertragsarbeiterInnen in den letzten Wochen erfahren: Sie wurden offensichtlich Opfer einer langsam und unkoordiniert arbeitenden Behördenmaschinerie. Truong Hong-Quang von der Vereinigung der Vietnamesen sagte der taz, ihm seien Fälle bekannt, in denen Vietnamesen in den letzten Wochen die Erteilung einer Arbeitserlaubnis verweigert worden wäre, obwohl ihre Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitsamt ausdrücklich den Wunsch auf deren Weiterbeschäftigung geäußert hätten. Grund dafür sei die Tatsache gewesen, daß die Ausländerbehörde nur „Duldungen“ ausgesprochen habe, weil ihr angeblich keine Durchführungsbestimmungen für die Umsetzung des Bleiberechtsbeschlusses vorlagen. Dieser sieht für Vertragsarbeiter mit Arbeit eine auf zwei Jahre befristete Aufenthaltsbefugnis vor.

Die Arbeitsämter wiederum hätten sich bei ihrer Entscheidung auf die Arbeitserlaubnisverordnung berufen, nach der erst der „inländische Arbeitsmarkt“ nach „bevorrechtigten Arbeitnehmern“ zu prüfen sei. Da diese Prüfung sich über Wochen hinziehe, suchten sich viele Arbeitgeber „lieber Leute mit einem gesicherten Aufenthaltsstatus“, bestätigt Horst Böhmer vom „Beratungszentrum für ausländische MitbürgerInnen“ in Friedrichshain. Ihm seien mehrere Fälle bekannt, in denen Ex- VertragsarbeiterInnen in den letzten drei Wochen aus diesem Grund ihren Arbeitsplatz verloren hätten, Lederer spricht von „mindestens zehn“.

Hans-Christoph Bonfert, Sprecher der Senatsverwaltung für Inneres, sagte der taz, seine Behörde „habe ihre Hausaufgaben gemacht und den Beschluß schnellstmöglich umgesetzt“. Die entsprechende Anordnung an das Landeseinwohneramt sei am 29.Juni ergangen und müsse jetzt vorliegen. Schneller habe es nicht gehen können: „Hinter diesen Papieren steckt verdammt viel Arbeit.“

Nach Ansicht von Lederer steckt hinter dem Behördenwirrwarr politische Absicht: „Wenn man ernsthaft eine ,humanitäre Regelung‘ gewollt hätte, hätte man doch schon längst Gespräche mit dem BMA führen müssen.“ Nur die generelle Erteilung der „besonderen Arbeitserlaubnis“ böte den VertragsarbeiterInnen „eine Chance, auch Arbeit zu bekommen“ und somit in Deutschland bleiben zu können. Ulrich Jonas