War's der „dritte Mann“?

■ Interview mit Hans Gottfried Bernrath (SPD), Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestags, zum Einsatz von Bad Kleinen

taz: Sie haben eine neue Hypothese über den „dritten Mann“, wonach er es gewesen sein könnte, der Grams erschoß.

Bernrath: Ich habe nicht gesagt, daß der ihn erschossen hat. Ich meine nur, wenn niemand ihn erschossen hat, dann stellt sich ja die Frage: war es der Heilige Geist, oder war's der „dritte Mann“, der ja auch noch in Betracht kommen könnte. Ich wollte damit die Frage stellen, ob das untersucht worden ist. Aber darauf habe ich keine Antwort bekommen. Ein Motiv hätte er ja. Er könnte sich ja von Grams als V-Mann erkannt gefühlt haben.

Wer ist für das Desaster in Bad Kleinen verantwortlich?

Das ist ja die große Frage, die wir politisch klären wollen. Im Moment kann ich nichts sagen, da uns keine substantiellen Ermittlungsergebnisse vorliegen.

Was müßte ein neuer Generalbundesanwalt mitbringen?

Er müßte ein erfahrener Jurist sein, der die Apparaturen und die Strukturen in Regierung und Rechtspflege kennt. Er muß die politische Verantwortung akzeptieren, also sich seinerseits zurückhalten bei Erklärungen vor der Öffentlichkeit. Das war ja das, was Alexander von Stahl die Probleme bereitet hat.

Personelle Vorschläge?

Nein, werde ich auch keine machen.

Was muß mit der GSG 9 geschehen, gehört sie abgeschafft?

Ich weiß noch gar nicht, welche Rolle die gespielt hat. Eine Einsatzgruppe, die viele Jahre gute Erfolge hatte, die wird man nicht deswegen auflösen, weil sie einmal einen Fehler gemacht hat.

Sollte sich herausstellen, daß ein GSG-9-Beamter den aufgesetzten Schuß getan hat, müßte das doch über die Person hinaus Konsequenzen haben.

Das kann nur Folgen für den betreffenden Beamten haben, aber doch nicht für das Ganze.

Aber das ist nicht einfach ein Mord, wenn der Staat als Exekutor tätig wird.

Das kann nur dann eine Rolle spielen, wenn der Beamte im Auftrag oder unter Deckung gehandelt hätte. Sonst ist das einfach ein kriminelles Vorgehen. Sicherlich müßte man aber über den Geist einer solchen Truppe nachdenken.

Was ist mit den Kompetenzverteilungen von BKA und Bundesanwaltschaft? Was läuft falsch?

Ich glaube, daß in der Führungsstruktur der inneren Sicherheit, im Bundesinnenministerium, eine große Lücke ist, seit Hans Neusel weg ist. Daher muß dort wieder geeignetes Personal hin. Es geht nicht an, daß Wehrsportgruppen üben und sich niemand darum kümmert. Dafür müssen Informations- und Koordinierungsstränge zum BKA und zum Generalbundesanwalt gehen. Die müssen davon gekennzeichnet sein, daß sie das gleiche Ziel verfolgen, nämlich so etwas zu unterbinden.

Für die Aufklärung von Grams' Tod ist das LKA Schwerin zuständig. Hat der Innenausschuß überhaupt noch Möglichkeiten, Informationen zu erhalten?

In dem Moment, wo die Staatsanwaltschaften tätig sind, sind unsere Möglichkeiten als Ausschuß eingegrenzt. Deshalb haben wir für unsere Sitzung am Montag den Justizminister von Mecklenburg- Vorpommern eingeladen, den wir um Auskünfte bitten wollen.

Bisher hat der Innenausschuß sich ziemlich abfertigen lassen.

Wir können nichts erzwingen und haben keine Sanktionsmöglichkeiten. Die Todesursachen müssen so schnell wie möglich geklärt werden. Dann muß der Rest aufgearbeitet werden, und da muß auch die Öffentlichkeit nachbohren. Interview: Julia Albrecht