Justizministerin unter Druck

■ Leutheusser war lange über GSG-9- Aktion informiert / Rücktrittsforderung

Bonn (AFP/taz) – Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger war bereits Mitte Mai über die geplante Festnahmeaktion gegen die mutmaßliche RAF-Terroristin Birgit Hogefeld informiert. Sie sei am 14. Mai und 17. Juni von ihrem Staatssekretär aufgrund mündlicher Berichte des Generalbundesanwalts unterrichtet worden, erklärte die FDP-Politikerin gestern in Bonn. Sie wolle am Montag in der Sondersitzung des Bundestags-Innenausschusses auf eine Aufhebung ihrer Geheimhaltungspflicht dringen und dann deutlich machen, daß sie „weder etwas getan noch unterlassen“ habe, das nicht „in voller Übereinstimmung mit den Pflichten ihres Amtes stehe“.

Zu Rücktrittsforderungen betonte die Ministerin, eine Offenlegung ihrer Informationen in der letzten Innenausschußsitzung wäre der Bruch eines Dienstgeheimnisses gewesen. Die FDP sprach ihr das „volle Vertrauen“ aus. Generalsekretär Werner Hoyer erklärte, absoluten Vorrang habe jetzt die lückenlose Rekonstruktion des tatsächlichen Einsatzverlaufs. Dazu gehöre auch, daß das „unwürdige Versteckspiel“ der zuständigen Behörden im Innenausschuß am Montag ein Ende finde.

CSU-Generalsekretär Erwin Huber forderte im Kölner Express indirekt den Rücktritt der Ministerin: „Jetzt muß eindeutig geklärt werden, ob es auch im Verantwortungsbereich der Justizministerin Pannen und Koordinationsfehler gegeben hat.“ Der Bild-Zeitung zufolge soll sie trotz chaotischer Planungen nicht gegen die Aktion eingeschritten sein. So sollen die Fahndungsbeamten bis eine Stunde vor dem Einsatz nicht gewußt haben, auf welchem Bahnhof sie den Zugriff vornehmen sollten. Mitglieder der Antiterror-Einheit GSG 9 seien auf insgesamt drei Bahnhöfe verteilt gewesen. Sollte sich herausstellen, daß die Abstimmung zwischen Justizministerium und der Bundesanwaltschaft nicht reibungslos verlief und es Fehler im Bonner Ministerium gegeben habe, „müssen selbstverständlich die Schwachstellen behoben werden“, betonte Huber.

Der FDP-Abgeordnete Wolfgang Lüder sagte, daß Leutheusser-Schnarrenberger gegenüber der Bundesanwaltschaft nicht weisungsberechtigt sei. Die Ausführung habe „unstreitig“ beim BKA gelegen. Die Ministerin habe hier nachweislich keinen Fehler gemacht.

Die Bundestagsgruppe Bündnis 90/ Grüne beantragte die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Antiterror-Einsatz in Bad Kleinen am 27. Juni. Nach Angaben der innenpolitischen Sprecherin von Bündnis 90/ Die Grünen, Ingrid Köppe, soll der Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsauschusses am Montag im Innenausschuß zur Abstimmung gestellt werden.