Wirtschaftswachstum allein reicht nicht

■ EG will Arbeitslosigkeit mit Veränderung der Wirtschaftsstrukturen bekämpfen

Brüssel (dpa) – Nach den jüngsten Kursverlusten des französischen Franc hat Bundesfinanzminister Theo Waigel der Pariser Stabilitäts- und Währungspolitik „hohe Anerkennung“ gezollt. Die Grunddaten der französischen Wirtschaft seien „in Ordnung“ und werden sich sicher positiv auf die Kursentwicklung des Franc auswirken, sagte Waigel gestern am Rande des EG-Finanzministertreffens in Brüssel. Die französische Währung ist in den vergangenen Wochen stark unter Druck geraten. Gerüchte an den internationalen Devisenbörsen, der Franc könnte aus dem Europäischen Währungssystem (EWS) ausscheiden, hatte Premierminister Edouard Balladur aber vehement dementiert.

Die Runde der EG-Finanzminister hat gestern über Auswege aus der Beschäftigungskrise in der Gemeinschaft beraten. Waigel betonte, es habe Übereinstimmung darin geherrscht, daß ein Wirtschaftswachstum allein das Arbeitslosenproblem nicht lösen könne. Angesichts des im nächsten Jahr wohl auf etwa 20 Millionen Menschen anwachsenden Arbeitslosenheers in der EG müßten vor allem Strukturen in der Wirtschaft verändert werden.

Selbst drei Prozent Wirtschaftswachstum – in der EG schrumpft derzeit die Leistung der Volkswirtschaften – reichten nicht aus, sagte Waigel. „Insofern sind Maßnahmen vor allem im Arbeitsmarktbereich wahrscheinlich unumgänglich, um zu einer entsprechenden Reduzierung der zu hohen Arbeitslosigkeit zu kommen“, fügte er hinzu. Auch andere Länder wollen demnächst ähnliche Pakete vorlegen, etwa Großbritannien und die Niederlande. So strebt Den Haag für das nächste Jahr nominal bei Löhnen und Gehältern eine Null-Runde an.

Trotz schwieriger Bedingungen sei er der Meinung, daß an den im Maastrichter Unionsvertrag festgeschriebenen Stabilitätszielen für die dritte Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion mit der gemeinsamen Währung festgehalten werden müsse. Deutschland erreicht in diesem Jahr eine Neuverschuldung von 4,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Den Maastrichter Verträgen zufolge darf ein Land für die Teilnahme an der Währungsunion maximal ein laufendes Defizit von drei Prozent und ein Gesamtdefizit von 60 Prozent ausweisen. Lediglich Luxemburg erfüllt zur Zeit diese Kriterien.