„Sie hat mich doch angebaggert“

■ Vergewaltigungsprozeß: Unschuldslamm ohne Alibi

Vor Gericht spielt Peter P. das Unschuldslamm. Er kann sich gar nicht vorstellen, weshalb vier Zeugen ihn so schwer belasten, er sei doch zum Tatzeitpunkt bei seiner Schwester in Bremervörde gewesen. P. wittert ein Komplott, weshalb, wisse er aber nicht. Doch wenn sich P. in Widersprüche verheddert, stotternd nach Ausreden ringt, kommt seine Brutalo-Mentalität zum Vorschein. Seit gestern muß sich der 32jährige Gelegenheitsarbeiter vor dem Amtsgericht Altona wegen versuchter Vergewaltigung und Körperverletzung verantworten.

Der Vorfall soll sich in der Nacht zum Ostersonntag 1992 in seiner Wohnung in Altona abgespielt haben. Nach Auffassung von Anklägerin Traute Stain Ali-Khan soll Peter P. die 22jährige Heike B. in sein Schlafzimmer gelockt, sie entkleidet und ihr gedroht haben: „Entweder schläfst du mit mir oder du kannst aus dem Fenster springen.“ Die verängstigte Frau konnte sich dann laut Anklage nur mit einem Sprung aus dem ersten Stock retten. Dabei erlitt sie eine 15 Zentimeter lange Platzwunde am Kopf und Prellungen und Schürfwunden an Hüfte und Knie. Nur mit einem Jeanshemd bekleidet, konnte sich Heike B. zu ihrem türkischen Freund Telgin S. flüchten.

Vor Gericht zieht Peter P. alle Register, mit Männer-Phantasien Gewalt zu vertuschen. P. behauptet, daß Heike B. ihn mehrfach angebaggert habe: „Darf ich bei dir schlafen“ oder „Willst du mal mit meinen Freund Schwänze vergleichen, mal sehen, wer den Längsten hat.“ P. will solche Anmachen von sich gewiesen zu haben. „Sie war nie bei mir in der Wohnung.“

Dabei ist die Beweislage gegen erdrückend. Gegenüber Tilgrem S., der die Verletzte ins Krankenhaus gefahren hatte, hat Heike B. noch in der Nacht die Tat geschildert. Am Sonntag habe S. dann P., der gar nicht in Hamburg gewesen sein will, zur Rede gestellt. Tilgrem S.: „Ich habe ihn im Auto gesehen.“ In den Mülltonnen von P. habe S. das T-Shirt, den Blazer und die Strumpfhose von B. gefunden.

Und auch Ps. Schwester Jutta F. hat inzwischen ihre Aussage, daß P. bei ihr in Bremervörde gewesen sei, zurückgezogen, nach dem sie gehört hat, um welchen Tatvorwurf es sich handelt. Jutta F.: „Er hatte mir gedroht.“ Ihre Anwältin habe ihr aber dann geraten, den gewalttätigen Bruder nicht länger durch Aussageverweigerung zu decken. „Sie hat mir gesagt, es geht nicht so weiter, daß er andere Leute zusammenschlägt. Der macht sonst weiter solche Sachen.“ Selbst im Gerichtssaal kann sich P. nicht zurückhalten, wirft seiner Schwester vor, ihn nur zu belasten, weil sie ihrem neuen „Schlägertyp total hörig“ sei, bis die Staatsanwältin eingreift. „Wer mit Dreck schmeißt, an dem bleibt selbst etwas hängen.“ In der Tat: Da P. wegen der Mißhandlung eines Rentners bereits vorbestraft ist, drohen ihm jetzt über zwei Jahre Knast. Der Prozeß wird mit der Zeugenaussage von Heike B. fortgesetzt. Kai von Appen